Anfang 2021, also ein knappes Jahr nach Pandemiebeginn und ungefähr in der Zeit des «zweiten Lockdowns», wurden pro Person durchschnittlich fast ein Drittel weniger Kilometer zurückgelegt als noch unmittelbar vor der ersten Erkrankungswelle. Besonders stark war der Rückgang mit minus 52% bei den ÖV-Distanzen, deutlich schwächer beim motorisierten Individualverkehr mit minus 27%. Kaum verändert haben sich die Fuss- und Velodistanzen. Dies geht aus einer Sonderauswertung der Daten des Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV) hervor, die das Bundesamt für Statistik (BFS) und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) zusammen erstellt haben.
Wie hat die Covid-19-Pandemie unser Mobilitätsverhalten verändert? Um diese Frage zu beantworten, haben das BFS und das ARE eine Sonderauswertung der Daten des Mikrozensus Mobilität und Verkehr vorgenommen, einer grossen Bevölkerungsbefragung mit Tausenden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Resultate dieser Sonderauswertung ergänzen und vertiefen bereits bestehende Mobilitäts-Analysen etwa auf Basis von Handy-Bewegungsdaten. Der Untersuchungszeitraum beschränkt sich aus Gründen der Datenverfügbarkeit auf die acht Pandemiewochen zwischen dem 10. Januar und dem 6. März 2021, also ungefähr auf die Zeit des «zweiten Lockdowns». Verglichen wurden die Daten mit der entsprechenden Vorjahresperiode, als sich die Covid-19-Pandemie hierzulande noch kaum auf die Mobilität ausgewirkt hatte.
Mehr Personen bleiben zu Hause – Distanzen verkürzen sich
Anfang 2021 blieben an einem durchschnittlichen Tag 18% der Befragten ab 6 Jahren durchgehend zu Hause. Damit lag der Anteil der in diesem Sinne nicht mobilen Personen 6 Prozentpunkte höher als in der entsprechenden Vorjahresperiode (12%), den Wochen unmittelbar vor dem eigentlichen Pandemiebeginn. Von den Personen, die Anfang 2021 ihr Haus nicht verliessen, gaben 10% die Covid-19-Pandemie als Grund an. Weitere 8% nannten eine Kombination aus Pandemie und anderen Gründen.
Durchschnittlich legten die Anfang 2021 befragten Personen täglich 21,8 km zurück, wobei nur die Strecken im Inland berücksichtigt wurden. Die mittlere Tagesdistanz pro Person war damit 9,8 km oder 31% kürzer als in der gleichen Periode des Vorjahres (31,6 km). Besonders stark verkürzt haben sich mit minus 17,0 km (–39%) die Tagesdistanzen der 18- bis 24-Jährigen. Grund dafür dürften nicht zuletzt die geschlossenen Freizeiteinrichtungen und die Fernunterrichts-Pflicht an den Hochschulen gewesen sein.
Nur noch halb so viele ÖV-Kilometer
Weil sich in den Fahrzeugen und an den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs teilweise sehr viele Leute auf engem Raum aufhalten, steht der Öffentliche Verkehr (ÖV) seit Beginn der Pandemie unter besonderer Beobachtung. So erstaunt es denn auch nicht, dass die mit dem öffentlichen Schienen- und Strassenverkehr zurückgelegten Distanzen sehr stark zurückgegangen sind: Mit durchschnittlich 3,6 km pro Person und Tag waren sie Anfang 2021 nur noch knapp halb so lang (–52%) wie Anfang 2020 (7,5 km). Verglichen damit war der Rückgang beim motorisierten Individualverkehr (Personenwagen und Motorräder) mit minus 27% deutlich kleiner, obschon im langjährigen Vergleich ebenfalls ausserordentlich. Pro Personenwagen waren in den untersuchten Pandemiewochen durchschnittlich 1,46 Personen unterwegs, gegenüber 1,52 ein Jahr zuvor.
Während sich die Distanzen beim ÖV und beim motorisierten Individualverkehr Anfang 2021 verkürzten, wurde beim Fuss- und beim Veloverkehr (inkl. E-Bikes) keine signifikante Veränderung im Vergleich zum Vorjahr festgestellt. Folglich hat der Anteil dieser beiden Fortbewegungsarten am Gesamtverkehr zugenommen.
Freizeit bleibt der häufigste Verkehrszweck
Die Freizeit blieb in den untersuchten Pandemiewochen mit einem Distanzanteil von 38% der mit Abstand häufigste Verkehrszweck. Dies, obschon die zu Freizeitzwecken zurückgelegte Distanz mit minus 34% tendenziell stärker schrumpfte als die Distanz des zweithäufigsten Verkehrszwecks, der Arbeit (–29%).
Innerhalb der Freizeitwege haben die nicht-sportlichen Aussenaktivitäten, zu denen insbesondere die Spaziergänge zählen, in der Pandemie an Bedeutung gewonnen: Die zu diesem Zweck zurückgelegten Distanzen vergrösserten sich um mehr als die Hälfte, während die meisten anderen Freizeitaktivitäten signifikante oder zumindest tendenzielle Abnahmen verzeichneten. Auffallend ist des Weiteren, dass die für Einkäufe zurückgelegten Distanzen Anfang 2021 nicht signifikant kürzer waren als vor der Pandemie: dies trotz der zweitweisen Schliessung der Läden des nicht-täglichen Bedarfs und dem medial viel beachteten Boom beim Online-Shopping.
Home-Office-Pflicht zeigt Wirkung
Ab Mitte Januar 2021 galt in der Schweiz eine partielle Home-Office-Pflicht. Der Anteil der befragten Erwerbstätigen, die zumindest einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen können, war Anfang 2021 mit 50% denn auch wesentlich höher als noch ein Jahr zuvor (38%). Zudem halbierten sich die täglichen Arbeitswege der Personen mit der Möglichkeit der «Heimarbeit», und zwar von 18,3 km Anfang 2020 auf 9,5 km Anfang 2021. Bei den übrigen Erwerbstätigen verkürzten sich die Arbeitswege nicht signifikant.