Wie der Nationalrat will auch der Ständerat weitere Finanzhilfen für den öffentlichen Verkehr in der Pandemie. Strittig ist zwischen den Räten noch die Frage, wie viel ihrer Reserven Betreiber touristischer ÖV-Angebote aufbrauchen sollen müssen, wollen sie Geld erhalten.
Wie der Bundesrat will das Parlament nicht nur den regionalen Personenverkehr und den Schienengüterverkehr weiter finanziell unterstützen, sondern auch den Ortsverkehr und touristische Verkehrsmittel.
Der Ständerat stimmte am Dienstag, 7. Dezember 2021 einer Ausdehnung der Unterstützungsmassnahmen mit 36 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen zu.
Konkret geht es um Beiträge von insgesamt 240 Millionen Franken für pandemiebedingte Verluste im Jahr 2021. 150 Millionen Franken sind dabei für den regionalen Personenverkehr vorgesehen, 50 Millionen für den Ortsverkehr, 25 Millionen für den Schienengüterverkehr und maximal 15 Millionen für touristische Angebote. Nicht Teil des Pakets ist der Fernverkehr der SBB.
Eine Differenz zum Nationalrat besteht nach der Behandlung des Geschäfts im Ständerat: Die kleine Kammer will, dass Anbieter touristischer Angebote – etwa Betreiber von Seilbahnen oder Schiffen – ihre Ertragsausfälle entschädigt bekommen, sofern diese grösser sind als ein Drittel der in den Jahren 2017 bis 2019 gebildeten Reserven. Der Nationalrat verlangt wie der Bundesrat, dass die betroffenen Transportunternehmen zunächst alle Reserven aufbrauchen müssen.
«Keine Vollkaskoversicherung»
Auch eine Minderheit der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats (KVF-S) wollte dem Vorschlag der Landesregierung folgen. Die Finanzierung touristischer Angebote sei grundsätzlich nicht Aufgabe des Bundes, sagte dazu der Aargauer SVP-Ständerat Hansjörg Knecht. Der Staat sei keine Vollkaskoversicherung. Die Pandemie habe ohnehin gravierende Folgen für die Bundesfinanzen.
Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga gab in der Ständeratsdebatte zu bedenken, die Anbieter touristischer Angebote sollten gegenüber jenen im Orts- und Regionalverkehr nicht bevorzugt werden. Dort müssten ebenfalls alle Reserven aufgebraucht werden.
Wichtig für gebeutelten ZTourismus
Hans Wicki (FDP/NW) wandte dagegen ein, müssten die Betreiber touristischer Angebote alle Reserven aufbrauchen, fehle ihnen das Geld für Investitionen in die Sicherheit, die zur Erlangung ihrer Konzessionen nötig seien. Stefan Engler (Mitte/GR) verwies namens der Kommissionsmehrheit darauf, dass beispielsweise Bergbahnen für die Wertschöpfung der ganzen Tourismusbranche von Bedeutung seien.
Oppositionslos stimmte der Ständerat dem Beschluss des Nationalrats zu, die Vorlage dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat.
SEV: Die Pandemie ist kein Grund, beim Personal zu sparen – im Gegenteil! |
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Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat beschlossen, mit dem zweiten Massnahmenpaket zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise die Geltungsdauer der Massnahmen aus dem ersten Massnahmenpaket auf das Jahr 2021 auszudehnen. Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV ist froh über diesen Entscheid. «Damit sind Verluste wegen Covid für Verkehrsunternehmen kein Grund, beim Personal zu sparen, denn Geld ist vorhanden», sagt SEV-Präsident Giorgio Tuti. «Es geht nicht an, dass Busfahrer, Kundenbegleiterinnen, Reinigungsangestellte, Rangierer oder Lokführerinnen die Covid-Verluste bezahlen müssen, obwohl sie in der Pandemie schon Ausserordentliches leisten, nur schon um den Betrieb sicherzustellen», betont Giorgio Tuti. Gerade jetzt nehmen Krankheits- und Quarantänefällen auch beim Verkehrspersonal wieder zu und haben bei gewissen Unternehmen bereits Angebotsreduktionen nötig gemacht. «Wenn schon ohne Pandemie Mitarbeitende fehlen, ist man im Pandemiefall sofort am Anschlag», sagt Tuti. «Darum ist ein genügender Personalbestand wichtig. Man kann von Mitarbeitenden nicht verlangen, dass sie ständig Freitage opfern, um für Kranke einzuspringen. Der Gesundheitsschutz hat oberste Priorität, vor der Gewährleistung des Angebots.» Nötig werden aktuell auch wieder Schutzmassnahmen wie der Verzicht auf den Billettverkauf im Bus, Absperrung der Vordertür, Installation von Plexiglasscheiben usw. Rasche Bundeshilfe auch für Fernverkehr wichtig Im Hilfspaket des Parlaments fehlt der Fernverkehr, obwohl er als Rückgrat des Bahnverkehrs nicht geschwächt aus der Coronakrise hervorgehen darf, wenn die Klimaziele im Verkehr erreicht werden sollen. «Darum muss der Fernverkehr rasch und nachhaltig ausfinanziert werden, und nicht auf dem Rücken des Personals», fordert Giorgio Tuti. Der SEV wird die vom Bundesrat in Aussicht gestellte Lösung genau prüfen. |