Alle Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich des Fernverkehrs-Doppelstockzuges (FV-Dosto) weisen bereits heute eine maximale Neigung von 15 Prozent auf. Damit erfüllt die SBB die Auflage aus dem am 25. Februar 2022 kommunizierten Urteil des Bundesgerichts vom 22.12.2021. Die SBB begrüsst, dass das Bundesgericht die acht weiteren Punkte abgelehnt hat. Sie unterstützt das BAV vollumfänglich bei der Klärung der offenen Punkte, die im Urteil formuliert wurden. Die FV-Dosto verkehren weiterhin wie bisher.

Mit Urteil vom 20. November 2018 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass der FV-Dosto die Vorgaben des Behindertengleichstellungsrechts erfüllt. Gegen diesen Entscheid erhob Inclusion Handicap im Januar 2019 Beschwerde beim Bundesgericht. Der Verband beanstandete insgesamt neun Punkte. Acht davon, wie die Anpassung der Handläufe, Umgestaltung der Türöffnungstasten, Einbau von akustischen Türöffnungssignalen, zusätzliche Haltegriffe und weitere hat das Bundesgericht abgewiesen.

Einzig bei der Rampenneigung hat das Bundesgericht im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass nicht nur eine Rampe pro Wagen, sondern sämtliche Rampen eine maximale Neigung von 15 Prozent aufweisen müssen. Der FV-Dosto erfüllt diese Vorgabe bereits heute vollumfänglich. Dies hat die SBB im Nachgang an den Bundesverwaltungsgerichtsentscheid in einer unabhängigen Untersuchung bestätigen lassen. Wo nötig, hatte sie die Rampen angepasst. Zudem hat sie sichergestellt, dass auch bei allen neu ausgelieferten FV-Dosto die geforderte Rampenneigung konsequent eingehalten wird. Die FV-Dosto können weiterhin fahrplanmässig eingesetzt werden.

Das Bundesgericht hat nebst der Behandlung der 9 Punkte die Frage aufgeworfen, ob die autonome Benutzung des Eingangsbereichs für Menschen mit einer eingeschränkten Mobilität insgesamt möglich ist (und nicht nur die einzelnen Gestaltungselemente die Normen einhalten). Gemäss Bundesgericht muss das BAV dies nun unter Einbezug unabhängiger Stellen validieren. Die SBB wird das BAV bei der Klärung der offenen Punkte vollumfänglich unterstützen.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit für SBB zentral

Die SBB legt weiterhin Wert auf eine aktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen Interessensgruppen im Bereich des barrierefreien Zugangs im öffentlichen Verkehr.

Vincent Ducrot, CEO der SBB, betont:

«Ich bin froh, dass wir vorausschauend über die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Minimalnorm hinausgegangen sind und bereits heute alle Rampen nachweislich eine maximale Neigung von 15 Prozent aufweisen.»

Und er unterstreicht weiter:

«Die enge Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden ist mir ein wichtiges Anliegen. Wir haben diese in den vergangenen Jahren verstärkt und werden sie fortführen. Für uns ist klar: Wir wollen eine Bahn für alle sein.»

Züge zuverlässig im Einsatz

Seit dem 26. Februar 2018 sind die FV-Dosto im kommerziellen Betrieb. Bis Ende Dezember 2021 hat die SBB 57 von insgesamt 62 bestellten FV-Dosto von Alstom übernommen, noch in diesem Jahr folgen die restlichen Fahrzeuge. Bis heute wurden über 130’000 Fahrten durchgeführt. Aktuell verkehren die Züge auf dem IC1, IC3 sowie auf dem IR13/IR70. Die Züge fahren täglich über 200 Verbindungen und legen damit rund 42’000 Kilometer zurück. Die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge hat sich in den vergangenen Monaten stark verbessert und ist vergleichbar mit der restlichen Flotte des SBB Personenverkehrs.

Vorgeschichte
Im Jahr 2008 startete in diesem Projekt die aktive Zusammenarbeit mit den Behindertenorganisationen. Im ersten Halbjahr 2011 konnten sie das 1:1 Holzmodell (Maquette) des Zuges begehen und mit dem Rollstuhl befahren. Im Januar 2018 hat Inclusion Handicap eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, wobei die Einstiegsrampe bemängelt und weitere vierzehn Anpassungen der Fahrzeuge beantragt wurden. Anfang November 2018 haben sich die SBB und Inclusion Handicap bei vier Beschwerdepunkten auf Massnahmen geeinigt, die ausserhalb des laufenden Beschwerdeverfahrens realisiert werden. Diese Punkte wurden entsprechend zurückgezogen. Zwei weitere Punkte hatte Inclusion Handicap vor Bundesgericht nicht mehr angefochten.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 21. November 2018 bestätigt, dass der FV-Dosto die Vorgaben des Behindertengleichstellungsrechts erfüllt. Dieser Entscheid wurde von Inclusion Handicap an das Bundesgericht weitergezogen.
Barrierefreiheit bei der SBB
Die SBB legt grossen Wert auf Barrierefreiheit und Behindertengleichstellung – die SBB will eine Bahn für alle sein. Die SBB pflegt deshalb einen engen Austausch mit den Behindertenorganisationen und sie bezieht bei allen Bau-, Umbau- und Beschaffungsprojekten Vertreterinnen und Vertreter von Behindertenorganisationen ein.

Im Fernverkehr ist ab 2024 mindestens ein Zug pro Stunde und Richtung barrierefrei benutzbar. Im Regionalverkehr sind bereits heute praktisch alle Züge barrierefrei zugänglich. 68 Prozent der Reisenden können in den Bahnhöfen der SBB durch Perronerhöhungen, Rampen und Lifte barrierefrei ein- oder aussteigen. Ausserdem unterhält die SBB das SBB Call Center Handicap, das mobilitätseingeschränkten Kundinnen und Kunden bei der Planung und Durchführung von Zugreisen zur Seite steht. Das Call Center Handicap erbringt diese Leistung von 6 bis 23 Uhr kostenlos.
Medienmitteilung des Bundesgerichts:
Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) müssen sicherstellen, dass sämtliche Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich der neuen Fernverkehrs-Doppelstockzüge (FVDosto) eine maximale Neigung von 15 % aufweisen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dies nur für einen Ein- und Ausstieg pro Zug verlangt. Darüber hinaus muss das Bundesamt für Verkehr (BAV) abklären, ob der Ein- und Ausstieg von mobilitätsbehinderten Menschen mit Bezug auf die Abfolge der beanstandeten Gestaltungselemente insgesamt autonom und sicher genutzt werden kann. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde von Inclusion Handicap teilweise gut.

Das BAV hatte im November 2017 den neuen FV-Dosto der SBB eine befristete Betriebsbewilligung erteilt, die mittlerweile mehrfach verlängert wurde. Inclusion Handicap – der Dachverband der Behindertenorganisationen Schweiz – erhob gegen die Verfügung des BAV Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte Inclusion Handicap vor, unbegleitet reisende Menschen mit Behinderungen würden in den neuen Fernverkehrszügen auf zu viele Hindernisse stossen. Bezüglich vier der insgesamt 15 Rechtsbegehren konnten sich die Verfahrensbeteiligten während des Verfahrens einigen. Im November 2018 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde teilweise gut. Es verpflichtete die SBB, sicherzustellen, dass pro Zug mindestens ein Ein- und Ausstieg eine Rampe mit einer Neigung von maximal 15 % aufweise; über einen solchen Zugang müsse der vorgesehene Rollstuhlbereich mit Stellplätzen und rollstuhlgängiger Universaltoilette sowie eine allfällige Verpflegungszone erreichbar sein.

Das Bundesgericht heisst die von Inclusion Handicap dagegen erhobene Beschwerde teilweise gut. Das Gericht kommt zunächst zum Schluss, dass die Zulässigerklärung einer maximalen Rampenneigung von 15 % im Ein- und Ausstiegsbereich von Zügen für sich genommen bei heutiger Betrachtung keine unzulässige Benachteiligung mobilitätsbehinderter Menschen darstellt. Die maximale Rampenneigung gilt jedoch entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht nur bei einem Einstieg pro Zug, sondern für sämtliche Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich der FV-Dosto. Den SBB ist somit die zusätzliche Auflage zu erteilen, für sämtliche Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich der FV-Dosto eine maximale Neigung von 15 % sicherzustellen. Das BAV hat den SBB dafür eine angemessene Frist anzusetzen und die Einhaltung zu kontrollieren.

Ferner ist die Behindertengerechtigkeit des Ein- und Ausstiegsbereichs nicht unter isolierter Beurteilung eines einzelnen Gestaltungselements – beispielsweise der Rampenneigung – zu beurteilen. Entscheidend ist vielmehr, dass mobilitätsbehinderte Menschen, die sich sonst im öffentlichen Raum autonom fortbewegen, den Ein- und Ausstiegsbereich insgesamt eigenständig und sicher benutzen können. Mitzuberücksichtigen sind hierfür neben der Rampe auch die Stufe nach dem ausfahrbaren Schiebetritt sowie der Spaltabstand zwischen Schienenfahrzeug und Perron. Ob die autonome Benutzung insgesamt möglich ist, hat die Vorinstanz zu Unrecht nicht geprüft. Es ist angezeigt, diesbezüglich unter Beizug eines unabhängigen Sachverständigen weitere Abklärungen vornehmen zu lassen und die Sache in diesem Punkt zu ergänzenden Abklärungen und zu neuem Entscheid an das BAV zurückzuweisen.

Im Sinne einer Übergangsregelung ist in diesem Zusammenhang anzuordnen, dass die FV-Dosto in der bisherigen Ausgestaltung verkehren dürfen, bis diese Prüfung erfolgt ist. In den übrigen materiellen Punkten (u.a. Länge der Handläufe bei den Treppen, Türöffnungstasten, zusätzliche Haltegriffe und Beleuchtung) ist die Beschwerde von Inclusion Handicap abzuweisen.

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