Der Güterverkehr auf der Bahn innerhalb der Schweiz sowie für den Import und Export («Schienengüterverkehr in der Fläche») trägt zur Versorgung unseres Landes bei und stärkt die Klimapolitik der Schweiz. Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass diese Angebote kaum mehr eigenwirtschaftlich zu finanzieren sind. An seiner Sitzung vom 30. März 2022 hat der Bundesrat einen Bericht mit entsprechenden Reformvorschlägen dazu verabschiedet. Das UVEK wird bis im Herbst 2022 eine Vernehmlassungsvorlage mit zwei möglichen Stossrichtungen erarbeiten.
Der Schienengüterverkehr in der Fläche ergänzt den Transitgüterverkehr durch die Alpen. Er betrifft Transporte innerhalb der Schweiz sowie für den Import und Export. Gemäss Gesetz muss er eigenwirtschaftlich erfolgen. Das ist eine grosse Herausforderung, weil hier Transporte aus einzelnen Wagen mit unterschiedlichen Gütern aufwändig zusammengestellt werden müssen.
In einem Bericht in Erfüllung des Postulats 21.3597 der ständerätlichen Verkehrskommission stellt der Bundesrat nun verschiedene Szenarien für die Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs sowie Optionen für die Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und für eine finanzielle Förderung dar. Im Zentrum steht die Frage, ob und wie der derzeit nicht kostendeckende Wagenladungsverkehr positioniert werden soll, damit er weiter zur Versorgungssicherheit sowie zur Erreichung der Klimaziele beitragen kann.
Gestützt auf den Bericht hat der Bundesrat das UVEK beauftragt, bis Ende September eine Vernehmlassungsvorlage mit zwei Stossrichtungen auszuarbeiten:
- Die erste Stossrichtung zielt auf einen weiterhin eigenwirtschaftlichen Schienengüterverkehr. Die auf Wettbewerb ausgerichtete Marktordnung wird beibehalten. Der Gütertransport auf der Schiene soll mit zusätzlichen Anreizinstrumenten gestärkt werden, beispielsweise mit Verbilligungsbeiträgen an die Verlader.
- Die zweite Stossrichtung sieht vor, dass der Einzelwagenladungsverkehr abgestimmt mit der Branche umfassend modernisiert und seine Attraktivität für Kunden gezielt gesteigert wird. Dies erfordert eine umfassende finanzielle Förderung des Einzelwagenladungsverkehrs durch den Bund.
Wagenladungsverkehr |
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Im Schienengüterverkehr in der Fläche (Binnen-, Import- und Exportverkehr) wird ein bedeutender Teil der Güter im sogenannten Wagenladungsverkehr transportiert. Dabei werden einzelne Eisenbahnwagen oder Wagengruppen aus Anschlussgleisen und Freiverladeanlagen gesammelt, zu Zügen formiert und in Rangierbahnhöfe geführt, wo je nach Bestimmungsregion neue Züge zusammengestellt werden. Am Bestimmungsbahnhof werden sie als einzelne Wagen oder Wagengruppen verteilt. Dieses Netzwerk ermöglicht viele Transporte zwischen den wichtigsten Produktionsstätten, Logistikzentren und Lagern der Schweiz. Das erleichtert der verladenden Wirtschaft reibungslose Logistik- und Produktionsabläufe, weil dank der regelmässigen, gebündelten Belieferung eine aufwändige Lagerhaltung entfällt. |
Litra und VöV: Unterstützung für mehr Schienengüterverkehr |
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Der Bundesrat hat einen Bericht zum Postulat der ständerätlichen Verkehrskommission («Zukunft des Güterverkehrs») mit Reformvorschlägen zur zukünftigen Ausrichtung des Schienengüterverkehrs in der Fläche verabschiedet. Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und die LITRA sind überzeugt, dass Gütertransporte auf der Schiene sowohl im Inland wie für Importe und Exporte eine hohe Bedeutung und eine grosse Zukunft haben. Sie unterstützen deshalb die vorgestellten Bestrebungen, mit denen der Schienengüterverkehr in der Fläche nachhaltig gestärkt werden soll. Der Bundesrat hat den Bericht zum Postulat der ständerätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen «Zukunft des Güterverkehrs» (21.3597) verabschiedet. Darin präsentiert er eine Auslegeordnung zu den verschiedenen Produktionsformen – Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) und Ganzzüge – und unterbreitet zwei Stossrichtungen zur zukünftigen Ausrichtung des Schienengüterverkehrs in der Fläche, also dem Binnen-, Import- und Exportgüterverkehr. VöV und LITRA sind gemeinsam mit ihren Mitgliedsunternehmen im Güterverkehr überzeugt, dass ein gut funktionierender Schienengüterverkehr in der Fläche für die schweizerische Volkswirtschaft eine zentrale Bedeutung hat. Ein wichtiger Teil der Schweizer Logistikbranche ist auf den Schienengüterverkehr ausgerichtet und auf ihn angewiesen. Würde es wegen einer Reduktion des Schienengüterverkehrs zu einer Rückverlagerung auf die Strasse kommen, würde dies nicht nur zu hohen Umstellungskosten für die Logistikbranche führen, sondern auch die Stausituation auf den Nationalstrassen erheblich verschlechtern. Beides kann und muss vermieden werden. Da der Schienengüterverkehr zudem mit erneuerbaren Energien und äusserst energieeffizient betrieben wird, ist er ein zentraler Teil der Lösung um die energiepolitischen und klimatischen Herausforderungen zu bewältigen und die Schweizer Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen. Pro Tonne ist die benötigte Energie rund 7-mal geringer als jene der Strasse, der Ausstoss an Klimagasen 11-mal tiefer und der Flächenverbrauch 7-mal kleiner. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die Rahmenbedingungen für einen sinnvollen Betrieb des Schienengüterverkehrs in der Fläche markant zu verbessern, so wie dies in den vergangenen Jahrzehnten im alpenquerenden Güterverkehr getan worden ist. Dies beinhaltet Anreizinstrumente sowie eine finanzielle Förderung, die einerseits diskriminierungsfrei auf alle Produktionsformen (Ganzzug, Einzelwagenladungsverkehr, Logistiksysteme) und auf alle Bahnunternehmen im Wettbewerb wirken und andererseits den spezifischen Anforderungen derjenigen volkswirtschaftlich bedeutenden Segmente gerecht werden, die ohne staatliche Förderung nicht wirtschaftlich dargestellt werden können. VöV und LITRA unterstützen deshalb ausdrücklich die Bestrebungen des Bundesrates, mit einer Vernehmlassungsvorlage die notwendigen gesetzlichen Anpassungen und finanziellen Anreize zu präzisieren, mit denen der Schienengüterverkehr in der Fläche nachhaltig gestärkt werden kann. |
VAP: Zukunft des Güterverkehrs mit mehr Kundenorientierung |
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Zeit zum Aufbruch: Schienengüterverkehr in der Fläche* neu denken – Finanzhilfe befristen Für den VAP Verband der verladenden Wirtschaft ist der vom Bundesrat vorgelegte Bericht zum Postulat der ständerätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen «Zukunft des Güterverkehrs» (21.3597) eine einmalige Chance, den von SBB Cargo seit Jahren wenig erfolgreich betriebenen Schienengüterverkehr in der Fläche (Import-, Export- und Binnenverkehr in Wagengruppen in Terminals, Freiverlade und Anschlussgleise) völlig neu zu denken und kundenorientiert auszurichten. Die vom Bundesrat der Interessengemeinschaft Wagenladungsverkehr** (bestehend aus VöV, SBB Cargo und VAP) zugedachte Führungsrolle begrüsst der VAP. Er ist bereit, auf Augenhöhe und mit vereinten Kräften aller Güterbahnen und Kunden, die im VAP vertreten sind, die Neuorganisation des Schienengüterverkehrs in der Fläche mitzugestalten. Es gilt, ausgetretene Pfade in der Organisation (z.B. Rollen) und Produktion (z.B. Prozesse) endlich zu verlassen, die avisierten technischen Fortschritte alleine genügen nicht. Der VAP befürwortet die vom Bundesrat vorgeschlagene Finanzierung des Schienengüterverkehrs in der Fläche grundsätzlich. Sie ist allerdings inhaltlich und zeitlich auf diese Aufbauphase und bis zum Abschluss der parallel dazu verlaufenden Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs sowie der Inbetriebnahme der neuen Netzelemente des Ausbauschritts 2035 zu befristen. Sie muss insbesondere den Kunden und allen Güterbahnen erfolgsabhängige, diskriminierungsfreie sowie wettbewerbsneutrale Anreize bieten, sich an einer gemeinsam getragenen Neugestaltung des Bahnsystems aktiv zu beteiligen. * Schienengüterverkehr in der Fläche Er umfasst den Verkehr von Wagengruppen im UKV und in konventionellen Bahngüterwagen zwischen Terminals, Freiverladeanlagen und Anschlussgleisen und wird seit der Bahnreform I im Jahre 1999 im Monopol von SBB Cargo betrieben. Sein Verkehrsanteil am Schienengüterverkehr im Binnen-, Import- und Exportverkehr beträgt gut 60%, während der Rest in Ganzzügen zielrein über Anschlussgleise und Terminals verkehrt. ** IG WLV Im Jahr 2018 gegründete Interessengemeinschaft von VöV, SBB Cargo und VAP mit dem Auftrag, den Schienengüterverkehr in der Fläche zu modernisieren und effizienter zu gestalten entsprechend Art. 3a des Gütertransportgesetzes. Präsident Frank Furrer, Vizepräsidentin Désirée Baer. |
SEV: Bekenntnis des Bundesrats zum Einzelwagenladungsverkehr wird begrüsst |
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Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV begrüsst das klare Ja des Bundesrats zur Weiterführung des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) in seinem publizierten Bericht «Zukünftige Ausrichtung des Schienengüterverkehrs in der Fläche. «Ebenso klar ist aber auch, dass eine eigenwirtschaftliche Bahn die nötige Verlagerung zur Erreichung der Klimaschutzziele nicht erreichen und auch den Bedürfnissen der Wirtschaft in den Regionen nicht gerecht werden kann», sagt Daniela Lehmann, Koordinatorin Verkehrspolitik im SEV. Der Bericht hält fest, dass «die Risiken und volkswirtschaftlichen Nachteile einer Einstellung des Angebots im EWLV durch SBB Cargo grösser als die vor allem finanzpolitischen Chancen einer Umstellung auf den Strassengüterverkehr sind». Und er zählt die negativen Folgen auf: rund 600’000 zusätzlichen Lastwagenfahrten pro Jahr würden zusätzliche Treibhausgas- und Umweltemissionen verursachen und die Strasseninfrastrukturen zusätzlich belasten. Hinzu kämen die «Transformationskosten» für SBB Cargo für Personalabbau und Abschreibungen sowie für die Verlader für die Umgestaltung der bestehenden Logistikketten und die Abschreibung von Wagen, Anschlussgleisen und Verladeeinrichtungen. Zur künftigen Ausgestaltung des EWLV und generell des Binnengüterverkehrs auf der Schiene will der Bundesrat bis Ende September eine Vernehmlassungsvorlage vorlegen. Die im Bericht skizzierten Ansätze wird der SEV noch genau studieren. «Für uns ist aber klar, dass eine Beibehaltung der Eigenwirtschaftlichkeit im Gütertransport letztlich unehrlich ist. Denn die Vergangenheit hat bewiesen, dass mit einer eigenwirtschaftlichen Bahn keine genügende Verlagerung und keine befriedigende Bedienung der Verlader in den Regionen möglich ist», sagt Daniela Lehmann. Bis die neuen Rahmenbedingungen für den EWLV definiert und umgesetzt sind, dauert es aber noch einige Zeit. «Bis dahin ist es wichtig, dass jeder weitere Abbau des EWLV-Netzes, der zu dauerhaftem Verkehrsverlust auf der Schiene führen würde, unterbleibt, wie vom Uvek schon verlangt», betont Daniela Lehmann. «Und dass Anschlussgleise und Verladeanlagen bestehen bleiben und weiterhin genutzt und gefördert werden.» |