Ostschweizer Kantone: Mehr Zug für eine Million Menschen

Der Bund hat seine Pläne zum weiteren Bahnausbau in der Schweiz veröffentlicht. Aus Sicht der öV-Direktoren der Kantone Glarus, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, St.Gallen, Graubünden und Thurgau werden darin die Bedürfnisse der Ostschweiz zu wenig berücksichtigt. Sie fordern Verbesserungen für den über eine Million Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Landesteil. Dies halten sie in einer gemeinsamen Stellungnahme fest.

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat diesen Sommer seinen Bericht zu den Ausbauprogrammen für die Bahninfrastruktur vorgestellt und die Kantone zur Stellungnahme eingeladen. Fast zeitgleich hat die SBB informiert, dass sie künftig auf das schnelle Fahren in Kurven mit der Wankkompensation (WAKO) verzichte. Der Entscheid der SBB hat grosse Auswirkungen für die Ostschweiz: So kann beispielsweise der Vollknoten St.Gallen nicht wie geplant umgesetzt werden, was für die Passagiere schlechtere Anschlüsse und grösseren Zeitverlust bedeutet.

Der Bund schlägt dem Parlament eine Aufstockung der Mittel für Projekte in anderen Landesteilen vor. Ostschweizer Projekte wie die Einführung des Viertelstundentaktes bei der Bahnverbindung zwischen Frauenfeld und Wil, der Ausbau des Vollknotens St.Gallen, der Erhalt des Knotens Schaffhausen sowie die Umsetzung der künftigen Angebotskonzepte auf den Netzen der Appenzeller Bahnen und der Rhätischen Bahn fehlen in der Botschaft respektive werden zur Streichung vorgeschlagen. Die Botschaft des Bundes wird im Frühling 2023 vom Parlament beraten.

Nicht akzeptabel für Ostschweizer Regierungen

Ohne Gegenwehr würde mit der Botschaft des Bundes und dem Entscheid der SBB einem Lebens- und Wirtschaftsraum mit über 1,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern und fast 700’000 Beschäftigten die Verbesserung des öV-Angebots verwehrt bleiben. Dieser Entscheid ist für die Ostschweizer Kantone weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Sie haben sich deshalb entschlossen, sich gemeinsam für die Verbesserung des öV-Angebotes in der Ostschweiz einzusetzen.

Sie fordern diese Ergänzungen und Anpassungen:

  • Frauenfeld–Wil, Ausbau zum Viertelstundentakt: Verzicht auf Streichung
  • Leistungssteigerung und Beschleunigung Winterthur–St.Gallen: Verzicht auf Streichung der Mittel
  • Zimmerbergtunnel 2: Aufnahme von Vorinvestitionen für ein Abzweigebauwerk Richtung Südostschweiz

Eine nächste Botschaft zum öffentlichen Verkehr legt der Bund dem Parlament im Jahr 2026 vor. Die Regierungen der Ostschweizer Kantone fordern, dass darin folgende Anliegen berücksichtigt werden:

  • Ausbau Tiefenwinkel an der Achse Zürich–Chur: Behebung des Engpasses
  • Strecke Zürich–St.Gallen–München: Massnahmen zur Kompensation des Verzichts auf das schnelle Fahren in Kurven
  • Sicherstellung der heutigen Anschlussqualität im Knoten Schaffhausen: Infrastrukturmassahmen
  • Stündliche Schnellzugsdirektverbindungen Basel–Schaffhausen–Singen–Konstanz–Kreuzlingen Hafen–Romanshorn–St. Gallen: Infrastrukturmassnahmen
  • Wiedereinführung Direktverbindung Zürich–Linthal
  • Umsetzung der Resultate der Korridorstudie der Appenzeller Bahnen: Infrastrukturmassnahmen
  • Umsetzung des Angebotskonzepts Retica30+ der Rhätischen Bahn: Infrastrukturmassnahmen

Die geforderten Begehren sind sinnvoll und stützen die kantonalen Strategien und Ziele zum Verkehr, zur Raumplanung und zum Schutz von Umwelt und Klima. Sie erfüllen die Vorgaben von künftigen Entwicklungsschritten und entsprechen zudem den Zielsetzungen des Zielbildes BAHN 2050 des Bundes.

Gemeinsames Vorgehen mit nationalen Parlamentsmitgliedern

Die sieben öV-Direktoren haben heute eine gemeinsame Vernehmlassungsantwort unterzeichnet. Diese stellen sie nun dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation zu. Weiter setzen sich die Ostschweizer Regierungen dafür ein, dass die Anliegen der Ostschweiz bei der Behandlung der Geschäfte berücksichtigt werden.

Informationen zur Kommissionsmotion

Am 5. September 2022 verlangte die Verkehrskommission des Ständerats (KVF-S) mit einer Motion, dass der Bundesrat Massnahmen für den Bau neuer Bahnstrecken auf der Ost-West-Achse vorschlägt. Die Forderung wurde mit acht zu zwei Stimmen angenommen, bei zwei Enthaltungen. Diese grosse Mehrheit zeigt, dass eine politische Allianz zwischen der Ost- und Westschweiz zu Stande gekommen ist. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, «bis 2026 die Massnahmen vorzuschlagen, um spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts mit der Realisierung von neuen Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St.Gallen als Ersatz der nunmehr fehlenden Wankkompensation und zur Stabilisierung des Netzes zu beginnen». Federführend bei der Motion ist der Waadtländer FDP-Ständerat Olivier Français.

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