Güterverkehr in der Schweiz: «Für mehr Güter mehr Bahn» – SBB will im Kerngeschäft Güterverkehr wachsen

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 28. September 2022 veröffentlicht.

Die SBB setzt auch in Zukunft auf den Güterverkehr und baut ihn aus. Sie will «für mehr Güter mehr Bahn» und schafft mit «Suisse Cargo Logistics» die Basis für eine effiziente, automatisierte und nachhaltige Logistik in der Schweiz. Bis 2050 können so 60 Prozent mehr Güter auf der Schiene transportiert werden.

Der Transport von grossen und schweren Gütern nimmt stetig ab, der Transport kleinteiliger, leichter Güter nimmt weiter zu. Der Wunsch der Güterverkehrskunden nach Flexibilität, Geschwindigkeit und Digitalisierung wächst. Gleichzeitig steigen Nachfrage und Forderungen nach mehr ökologischen, CO2-neutralen und energieeffizienten Transporten. Als Folge dieser sich verändernden Marktbedürfnisse sind im Bahngüterverkehr neue Lösungen gefragt.

«Das Bahnsystem besser für die Logistik in der Schweiz nutzen»

Für die SBB ist klar, dass sie auch in Zukunft auf den Güterverkehr setzt.

«Mit ,Suisse Cargo Logistics’ nutzen wir das Bahnsystem besser für die Logistik in der Schweiz»

, sagte Monika Ribar, Verwaltungsratspräsidentin der SBB anlässlich einer Medienkonferenz.

«Wir wollen für mehr Güter mehr Bahn.»

Damit schaffe die SBB die Basis für eine effiziente, automatisierte und nachhaltige Logistik in der Schweiz und stärke die Versorgungssicherheit.

«Suisse Cargo Logistics» baut auf den Stärken der Bahn auf und trägt neuen Markt- und Kundenbedürfnissen Rechnung. Vincent Ducrot, CEO der SBB, führte weiter aus:

«Wir wollen die Bahninfrastruktur und Flächen nutzen, Schiene und Strasse kombinieren und das bestehende Güterverkehrsangebot ergänzen. Bis 2050 kann die Bahn so 60 Prozent mehr Güter transportieren und damit die Strasse entlasten.»

Fünf neue Terminals zwischen Genf und St. Gallen und fünf bis acht Cityhubs

Die Eckpunkte von «Suisse Cargo Logistics» sind:

  • Genügend Trassenkapazitäten für schnelle und regelmässige Verbindungen. Die SBB nutzt die bestehende und künftige Bahninfrastruktur optimal aus. Durch die Ausbauschritte 2025 und 2035 stehen dem Güterverkehr zunehmend mehr und schnellere Trassen zur Verfügung.
  • Leistungsfähige Umschlagsanlagen, die einen einfachen Zugang zur Bahn ermöglichen, Transportzeiten verkürzen und die Effizienz steigern. Für eine optimale Kombination von Schiene und Strasse ist geplant, das Umschlagnetzwerk um fünf Terminals für den kombinierten Verkehr zwischen Genf und St. Gallen zu ergänzen. Zudem sollen bestehende Güterverkehrsanlagen mit Schienenanbindung in den grösseren Schweizer Städten an zentralen Standorten insbesondere für Bau- und Entsorgungslogistik zu fünf bis acht Cityhubs weiterentwickelt werden. Damit können die Städte von Verkehr entlastet werden. Die bestehenden Verladepunkte (inklusive Freiverlade) sind weiterhin eingebunden.
  • Effiziente Produktionsmodelle, die auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt sind. Der Ganzzugverkehr ermöglicht Güterverkehrskunden Punkt-zu-Punkt-Transporte von grossen Mengen direkt vom Verlader zum Empfänger. Der kombinierte Verkehr sichert das Zusammenspiel zwischen Strasse und Schiene.
  • Der Einzelwagenladungsverkehr bildet das Grundangebot und sichert das bestehende Transportvolumen. Er kann jedoch nicht kostendeckend betrieben werden. Er wird – vorbehältlich des politischen Entscheids zu Umfang und Qualität der Förderung – als Netzwerkverkehr gestärkt und erlaubt eine breite Erschliessung.
  • Eine erneuerte Flotte, die durch Investitionen und Automationen, beispielsweise die automatisierte Bremsprobe und die digitale, automatische Kupplung, effizienter wird.

Die Finanzierung der Anlagen von «Suisse Cargo Logistics» erfolgt über die bestehenden Förderinstrumente des Bundes und Investitionen der SBB. Die SBB rechnet mit Kosten von einer Milliarde Franken für Terminals und Cityhubs und rund 500 Millionen Franken für die Automatisierung des Fahrzeugparks bis 2040. Dritten bietet die SBB diskriminierungsfreien Zugang zu Anlagen und Infrastrukturen.

Die SBB will den Schienengüterverkehr in der Schweiz auch in Zukunft nicht allein, sondern in Partnerschaften betreiben, mit anderen Logistikakteuren oder beim Betrieb von Terminals. Die Minderheitsbeteiligung von knapp 2 Prozent an «Cargo sous terrain» gibt die SBB ab, da sie sich auf ihren Kernauftrag und ihre Stärken konzentriert.

Die SBB wird «Suisse Cargo Logistics» in den nächsten Monaten in enger Abstimmung mit Branchenakteuren, Kantonen und Gemeinden konkretisieren und abgestimmt auf die politischen Weichenstellungen weiterentwickeln. Sie strebt an, das erste kapazitätsstarke Terminal auf der Ost-West Achse vor 2030 in Betriebzu nehmen.

Mit «Suisse Cargo Logistics» 60 Prozent mehr Güter transportieren
«Suisse Cargo Logistics» kombiniert Strasse und Schiene, nutzt bestehende Infrastruktur und Flächen und leistet einen Beitrag zur Verkehrsverlagerung und zu den Klima- und Energiezielen des Bundes.

• Bis 2050 will die SBB die Hälfte des zusätzlichen Güterverkehrs auf der Schiene befördern. Gegenüber heute können so 60 Prozent mehr Güter per Bahn transportiert werden: Die Nettotonnenkilometer steigen von heute 3,8 auf 6,1 Mia.
• Mit «Suisse Cargo Logistics» wächst der Gütertransport bis 2050 auf der Strasse nur um 14 Prozent statt um prognostizierte 22 Prozent. Das entspricht jährlichen Einsparungen von 1 Mio. Lastwagenfahrten, 470 GWh Primärenergie und 26 000 Tonnen CO2.

So trägt «Suisse Cargo Logistics» den Kundenbedürfnissen Rechnung:

Klein- bis Grosskunden erhalten Investitionssicherheit im Einzelwagenladungsverkehr mit Anschlussgleisen und Verladeeinrichtungen.
Grossverteiler und Speditionsunternehmen profitieren von genügend Transportkapazitäten auf der Schiene mit neuen Expresstrassen.
Verlader ohne eigene Anschlussgleise erhalten neue klimafreundliche Versandmöglichkeit dank kombiniertem Transportangebot innerhalb der Schweiz.
Grosse Städte und Kantone werden an den Stadtgrenzen von Verkehr entlastet dank Cityhubs für die Ver- und Entsorgung auf der Schiene.
SEV: Klares Bekenntnis der SBB zum Güterverkehr: endlich!
Die von der SBB-Leitung Ribar/Ducrot angekündigten Investitionen in neue Terminals und Cityhubs machen deutlich: Die Zukunft des Güterverkehrs liegt auf der Schiene mit klaren Umsetzungsschritten und Wachstumszielen. Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV ist hocherfreut über diese Strategiekorrektur. «Das klare Bekenntnis zum konkreten Ausbau von Einzelwagenladungs-, Ganzzugs- und kombiniertem Verkehr stimmt hoffnungsvoll», sagt SEV-Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn. «Die Konzernleitung bricht mit ihrer volatilen Haltung und gibt den verunsicherten Mitarbeitenden und Kunden die ersehnten Perspektiven.»
 
Der SEV ist froh, dass sein langjähriges Engagement für den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene nun endlich Früchte trägt. Die Medienkonferenz im Rangierbahnhof Limmattal (RBL), einem Hotspot des Güterverkehrs, zeigt: Handlungsbedarf ist überfällig. Gerade die Verunsicherung der Mitarbeitenden führte zu Personalengpässen, schwindenden Rekrutierungserfolgen und entsprechenden Qualitätsproblemen. «Die Belastung der Mitarbeitenden ist seit Monaten enorm. Für sie ist das klare Bekenntnis der Konzernleitung zu einem zeitgemässen Ausbau von SBB Cargo ‘Motivation pur’, die sie dringend brauchen. Nun hat rasch der Tatbeweis zu erfolgen», sagt Philipp Hadorn.
 
Der SEV kämpft seit Langem für die Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs, der einen niederschwelligen Zugang zur Schienengüterlogistik sichert und damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet. Diese Sicht scheint nun auch die Konzernspitze zu teilen und dem Güterverkehr die gebührende Bedeutung beizumessen, nachdem dieser in den letzten Jahren zu oft unter der konzerninternen Konkurrenz zum Personenverkehr gelitten hat. «Die Arbeitsbedingungen bei SBB und SBB Cargo müssen einheitlich bleiben, damit der laufende Knowhow-Abfluss bei Cargo rasch eingedämmt werden kann», fordert Philipp Hadorn und fügt an. «Trotz Investitionen in Innovation und Automation liegt der Schlüssel für eine erfolgreiche Entwicklung im Engagement der Mitarbeitenden. Diese müssen deshalb bei der Erarbeitung aller zukünftigen Lösungen im Mittelpunkt stehen.»

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