Vor den Festtagen hat das Parlament die Revision des Personenbeförderungsgesetzes abgeschlossen. Nun werden verschiedene Verordnungen angepasst. Die neuen Bestimmungen dürften ab Mitte 2024 in Kraft treten. Sie schaffen mehr Klarheit, Transparenz und Effizienz im Regionalverkehr. Im Nachgang zum «Fall Postauto» werden Vorgaben zur korrekten Verwendung der Subventionen auf Gesetzesebene verankert.
Die Reform des Personenbeförderungsgesetzes bezweckt klarere Verantwortlichkeiten und effizientere Verfahren im regionalen Personenverkehr (RPV).
Bestellverfahren
Bund und Kantone können im Bestellverfahren auf mehrjährige Zielvereinbarungen mit den Transportunternehmen setzen. Diese erhöhen die Planungssicherheit und Verbindlichkeit. Um die Transparenz sowie die Effizienz zu verbessern, wird ein nationales Benchmarking zu den finanziellen Kennzahlen eingeführt. Eine neue digitale Bestellplattform wird das Bestellverfahren vereinfachen und harmonisieren. Das Bestellverfahren wird weiterhin alle zwei Jahre durchgeführt.
Bei der Festlegung des Angebots und der Abgeltung berücksichtigen die Besteller weiterhin in erster Linie die Nachfrage. Eine angemessene Grunderschliessung, die Anliegen der Regionalpolitik (insbesondere für Rand- und Berggebiete), der Raumplanungspolitik, des Umweltschutzes sowie von Personen mit Behinderung sind weitere Kriterien, welche bei der Angebotsgestaltung eine Rolle spielen.
Bei Ausschreibungen sind für die Ermittlung der vorteilhaftesten Offerte neben dem Preis und der Qualität insbesondere das Angebotskonzept, der Innovationsgehalt, die Nachhaltigkeit und die Plausibilität des Angebots zu bewerten. Bei der Vergabe eines Angebotes an ein anderes Transportunternehmen sind die für das betreffende Angebot angeschafften Anlagen und Fahrzeuge zum Restbuchwert zu übergeben.
Infrastruktur für den Vertrieb
Zudem wurde eine Rechtsgrundlage geschaffen für eine gemeinsame Infrastruktur, über welche die Transportunternehmen ihre Angebote vertreiben. Diese muss auch für Dritte diskriminierungsfrei zugänglich sein.
Weiter wurden die gesetzlichen Bestimmungen zur Bearbeitung von Personendaten geklärt, soweit dies für die Personenbeförderung und den Betrieb oder für die Sicherheit der Reisenden, des Betriebes oder der Infrastruktur erforderlich ist.
Gewinne und Rechnungslegung
Die Aufarbeitung verschiedener Subventionsfälle hat gezeigt, dass es sinnvoll ist, gewisse Vorschriften zusätzlich auf Gesetzesstufe zu verankern.
Neu ist im Gesetz festgehalten, dass bei der Ermittlung der ungedeckten Kosten das Transportunternehmen weder Eigenkapitalzinsen noch Gewinn- und Risikozuschläge einrechnen darf. Das Parlament hat sich dafür entschieden, die Gewinnorientierung in subventionierten Verkehrsparten nicht ganz auszuschliessen, sofern einzelne Leistungen überwiegend zu Marktpreisen auch für Dritte erbracht werden. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) wird mit einer Richtlinie im Rahmen seiner Guidance [siehe Blog-Beitrag dazu] präzisierende Angaben zur Auslegung machen.
Ausserdem müssen die Unternehmen einen zeitgemässen Rechnungslegungsstandard verwenden und eine Erklärung abgeben, dass sie die subventionsrechtlichen Grundsätze einhalten. Sie unterliegen in der Regel der ordentlichen Revisionspflicht und müssen eine Spezialprüfung bei der externen Revisionsstelle in Auftrag geben. Neu darf das BAV die Erkenntnisse aus den Prüfungen den zuständigen kantonalen Stellen mitteilen.
Das Parlament hat weiter beschlossen, dass die Transportunternehmen die Hälfte der ungeplanten Überschüsse – statt wie bisher mindestens zwei Drittel – der Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge zuweisen müssen. Hingegen entfallen die Schwellenwerte (12 Millionen Franken oder 25 % des Jahresumsatzes), ab denen Überschüsse bisher frei verwendbar waren. Solche Überschüsse ergeben sich zum Beispiel, wenn die Ticketerträge höher sind als geplant oder wenn die Leistungen effizienter erbracht werden können als erwartet. Bei ausgeschriebenen Linien können allfällige Überschüsse neu frei verwendet werden.
Finanzierung von Innovationen
Die Revision des Gesetzes stärkt die Finanzierung von Innovationen. Über das angepasste «Förderprogramm für Innovationen im Personenverkehr» können Pilotprojekte und Prototypen vom Bund künftig direkt unterstützt werden, wenn sie nebst dem RPV auch dem Fern- und Ortsverkehr dienen. Dafür stehen fünf Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung. Innovationsprojekte, die weit fortgeschritten sind und grösstenteils dem RPV zugutekommen, können wie bisher von Bund und Kantonen über den Bestellprozess mitfinanziert werden. Neu können bei bestellten Angeboten auch die Aufwendungen für historisches Rollmaterial als ungedeckte Kosten geltend gemacht werden.
Verbilligte Tageskarten
Das Parlament hat bei der Beratung der Gesetzesrevision einen Artikel aufgenommen, wonach die Transportunternehmen für Kinder und Jugendliche, die im Rahmen von Schul- oder Sportanlässen begleitet reisen, preislich ermässigte Tageskarten anbieten müssen. Die Transportunternehmen dürfen für Gruppen eine Reservationspflicht vorsehen und Gruppen vom Transport auf einzelnen sehr stark frequentierten Verbindungen einschränken oder ausschliessen.
Weiteres Vorgehen
Verschiedene Bestimmungen des revidierten Gesetzes müssen auf Verordnungsebene vertieft und konkretisiert werden. Es geht unter anderem um die Voraussetzungen für die Festlegung des RPV-Angebots und für die Abgeltung sowie um Einzelheiten des Bestellverfahrens und der Ziel- und Angebotsvereinbarung. Bei der Rechnungslegung müssen einzelne Gesetzesbestimmungen ebenfalls auf Verordnungsstufe präzisiert werden.
Das neue Gesetz und die damit verbundenen Verordnungen werden zusammen in Kraft treten, voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2024.