Bundesgericht: Freiburger Initiative für Gratis-öV zu Recht für ungültig erklärt

Die im Kanton Freiburg eingereichte Volksinitiative für kostenlose öffentliche Verkehrsmittel wurde zu Recht für ungültig erklärt, weil sie nicht mit der Bundesverfassung vereinbar ist. Das Bundesgericht weist die Beschwerde gegen den Entscheid des Grossen Rates des Kantons Freiburg ab.

Gemäss der 2020 eingereichten kantonalen Volksinitiative für kostenlose öffentliche Verkehrsmittel sollte folgende Bestimmung in die Freiburger Kantonsverfassung aufgenommen werden: «Um die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zu fördern, garantiert der Staat kostenlose, qualitativ hochwertige und umweltfreundliche öffentliche Verkehrsmittel. Das Angebot des öffentlichen Verkehrs wird an die Entwicklung der Fahrgastzahlen angepasst. Diese Massnahme wird durch die allgemeinen Steuern finanziert.» Mit Entscheid vom 20. Mai 2022 stellte der Grosse Rat des Kantons Freiburg die Ungültigkeit der Initiative fest, weil sie gegen übergeordnetes Recht verstosse. Das Bundesgericht weist die dagegen erhobene Beschwerde von zwei politischen Parteien und drei Privatpersonen ab. Kantonale Volksinitiativen müssen mit übergeordnetem Recht vereinbar sein. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob der Initiative Artikel 81a Absatz 2 der Bundesverfassung (BV) entgegensteht, welcher lautet: «Die Kosten des öffentlichen Verkehrs werden zu einem angemessenen Teil durch die von den Nutzerinnen und Nutzern bezahlten Preise gedeckt.» Die Auslegung dieser Bestimmung ergibt, dass die kantonale Initiative damit nicht vereinbar ist. Neben dem klaren Wortlaut spricht auch die Entstehungsgeschichte der Verfassungsnorm gegen die Zulässigkeit der Initiative.

Gemäss der bundesrätlichen Botschaft von 2012 wurden mit der fraglichen Norm in der Bundesverfassung zwei gegenläufige Zielsetzungen verfolgt. Einerseits sollte Mobilität nicht zu billig sein, weil sonst die Nachfrage ungebremst steigen und zu immer höheren Investitions- und Investitionsfolgekosten führen würde, welche das System letztlich ersticken könnten. Andererseits sollte der öffentliche Verkehr auch nicht zu teuer sein, um das angestrebte Ziel einer Verlagerung der Reisenden von der Strasse auf die Schiene nicht zu gefährden. Diese Suche des Verfassungsgebers nach einem Gleichgewicht schliesst aus, dass die Nutzerinnen und Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln überhaupt keine Kosten zu tragen haben. Unzutreffend ist sodann das Argument der Beschwerdeführenden, dass sich Artikel 81a Absatz 2 BV einzig auf den Schienenverkehr beziehe, nicht aber auf den Busverkehr, um den es bei der kantonalen Initiative primär gehe. Weiter berufen sich die Beschwerdeführenden auf das ebenfalls in der Bundesverfassung verankerte Nachhaltigkeitsprinzip (Artikel 73 BV) und auf das Klimaübereinkommen von Paris; sie machen in diesem Zusammenhang geltend, dass die Ungültigerklärung der Initiative dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufe. Dem kann nicht gefolgt werden. Insbesondere zeigen sie nicht auf, inwiefern es dem Ziel der Nachhaltigkeit beziehungsweise dem Klimaübereinkommen widersprechen sollte, wenn Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Verkehrs in angemessener Weise an der Kostentragung beteiligt werden.


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