Für die Zulassung von Rollmaterial im internationalen Bahnverkehr ist künftig die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) zuständig. Wie zuvor der Ständerat hat am 12. September 2023 auch der Nationalrat eine entsprechende Änderung des Eisenbahngesetzes angenommen. Umstritten war, ob die Vorlage zu einer Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung führt.
Der Nationalrat stimmte der Gesetzesänderung mit 191 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen zu. Der Ständerat hatte sie in der Sommersession ohne Gegenstimmen gutgeheissen. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Bahnunternehmen, die neue Züge in mehreren Ländern einsetzen wollen, müssen schon heute nicht mehr in jedem Land ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Die Schweiz nimmt im Rahmen einer bis Ende 2023 befristeten Übergangslösung bereits am harmonisierten Verfahren der EU teil.
Anpassung von Abkommen steht aus
Mit der Gesetzesanpassung soll die Schweiz die EU-Lösung dauerhaft übernehmen. Damit die Neuregelung definitiv Wirkung entfaltet, muss allerdings auch noch das Landverkehrsabkommen mit der EU angepasst werden – entsprechende Verhandlungen sind nach dem Scheitern des Rahmenabkommens blockiert. Zur Debatte steht darum, die Übergangslösung vorerst ein weiteres Mal zu verlängern.
Grundsätzlich war die Vorlage im Rat unumstritten. Kritik an der Gesetzesänderung kommt allerdings von Behindertenorganisationen. Schon vor der Ständeratsdebatte im Juni hatte der Dachverband Inclusion Handicap gewarnt, das Verbandsbeschwerderecht drohe ausgehebelt zu werden.
Hintergrund ist, dass das Schweizer Behindertengleichstellungsgesetz Menschen mit Behinderung grundsätzlich das Recht gibt, den öffentlichen Verkehr autonom zu nutzen. Das EU-Recht hingegen kennt keinen solchen Rechtsanspruch.
Eine linke Minderheit der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) wollte daher, dass das Bundesamt für Verkehr (BAV) dafür zuständig bleibt zu prüfen, dass bei der Einführung neuen Rollmaterials das Behindertengleichstellungsgesetz eingehalten wird. Der Rat lehnte den Minderheitsantrag allerdings ab.
Einzelne betroffene Personen könnten in ERA-Verfahren Beschwerden einreichen und sich dabei von einem Verband unterstützen oder vertreten lassen, argumentierte die Mehrheit.
Auch der Bundesrat vertrat die Ansicht, das Anliegen sei bereits berücksichtigt. Denn das BAV sei angehalten, vor dem eigentlichen Verfahren zuhanden der ERA weiterhin eine Prüfung vorzunehmen.
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