Die IGöV Bern legt ein Konzept vor, um die internationalen Bahnverbindungen ab Bern zu verbessern. Alle zwei Stunden soll ein Zug Bern – Milano verkehren, täglich je ein Zug nach Paris, Bruxelles und Luxembourg. Richtung Marseille und Barcelona sollen direkte Züge ab Genf mit schlanken Umsteigebeziehungen Richtung Deutschschweiz eingerichtet werden. Für den «kleinen Grenzverkehr» werden direkte Züge Bern – Besançon und Bern – Novara vorgeschlagen. Ebenso soll ein Nachtzugangebot in wichtige europäische Kapitalen eingerichtet werden.
Erfreulicherweise bemühen sich die europäischen Bahngesellschaften wieder vermehrt, das internationale Bahnangebot zu verbessern. Auf verschiedenen Strecken wird seit dem letzten Fahrplanwechsel neues Rollmaterial eingesetzt. Die Fahrzeit der Zugverbindung Zürich – München konnte jüngst von fünf auf vier Stunden verkürzt und das Angebot von drei auf sechs Abfahrten pro Tag ausgedehnt werden. Die neuen Giruno-Züge der SBB verkehren durch den Ceneri-Basistunnel nach Milano und darüber hinaus.
Keine Verbesserungen gibt es dagegen bisher für Bern, das westliche Mittelland und die Westschweiz. Im Gegenteil: In den vergangenen 25 Jahren sind die direkten Bahnverbindungen nach Bruxelles, Luxembourg, München, Venezia, Genova, Marseille und Nice eingestellt worden, ebenso die Nachtzüge nach Barcelona, Bruxelles – Oostende, Köln – Amsterdam / Dortmund sowie Roma. Tiefpunkt dieser Entwicklung ist die Einstellung der letzten direkten TGV-Verbindung nach Paris vor einem Jahr.
Bern und die Hauptstadtregion drohen so vom internationalen Zugverkehr immer mehr abgehängt zu werden und gegenüber anderen Zentren, insbesondere Zürich ins Hintertreffen zu geraten und an Attraktivität zu verlieren. Das muss auch die Berner Politik, die Wirtschaft und insbesondere den Tourismus interessieren. Verschärfend kommt dazu, dass die für Bern und die Westschweiz wichtige Simplonlinie in einer Dauerkrise steckt und dringend modernisiert werden muss. Die IGöV unterstützt deshalb die vor kurzem eingereichte Motion von Nationalrat Matthias Aebischer (SP/BE) und ruft den Bundesrat dazu auf, alles zu unternehmen um diese Linie entscheidend zu stärken.
Die IGöV Bern legt ein Konzept vor, auf welchen Relationen Direktverbindungen wieder oder neu eingeführt und wo bestehende Direktverbindungen ausgebaut werden sollten. Die vorgeschlagenen Verbindungen sollen konkurrenzfähig zum Luftverkehr sein und möglichst mit bestehenden nationalen Zügen zu internationalen Zugläufen verknüpft werden, um keine zusätzlichen Trassenkapazitäten zu beanspruchen.
Auf dieser Grundlage schlägt die IGöV Bern die Einführung folgender Direktverbindungen vor:
Auf der Strecke Bern – Milano – auf welcher heute nur drei direkte Verbindungen bestehen – soll ein durchgehender Zweistundentakt (7 Verbindungen pro Tag) eingeführt werden, wobei je ein Zugpaar nach Venezia, Genova und Bologna – Firenze verlängert werden soll. Mit dem Halt in Gallarate können auch attraktive Umsteigebeziehungen ins südliche Tessin angeboten werden. Einzelne Züge können statt nach Bern nach Genève geführt werden, in Brig ist schlankes Umsteigen auf den Intercity nach Bern am gleichen Perron zu ermöglichen. Leider bestehen heute grosse Mängel in der Bahninfrastruktur zwischen Domodossola und Milano, welche die Produktionsqualität des Bahnverkehrs stark beeinträchtigen und die Verbesserung des Fahrplanangebots behindern.
Auf der Strecke Bern – Paris – Bruxelles wird je ein Zug pro Tag ab Interlaken nach Paris (-Est) und Bruxelles (via Lille) vorgeschlagen. Damit werden zwei Direktverbindungen geschaffen, welche für die Tourismusindustrie im Berner Oberland von eminenter Bedeutung sein können. Die Fahrzeit Bern – Bruxelles kann um eine Stunde verkürzt werden. Eine weitere tägliche Direktverbindung wird nach Luxembourg vorgeschlagen, welche südlich bis Milano verlängert werden könnte.
Richtung Südfrankreich/Spanien werden Direktverbindungen kurzfristig als unrealistisch erachtet, da dazu Triebfahrzeuge für die unterschiedlichen Stromversorgungs- und Zugsicherungssysteme in den drei Ländern ausgerüstet und zugelassen werden müssten. Die IGöV Bern schlägt stattdessen vor, mindestens eine tägliche Direktverbindung Genève – Marseille – Nice und Genève – Montpellier – Barcelona einzurichten, welche über gute Anschlüsse von und nach der Deutschschweiz verfügen.
Zur Verbesserung des «kleinen Grenzverkehrs» schlägt die IGöV Bern in westlicher Richtung eine Direktverbindung Bern – Besançon mit zwei Zugpaaren vor, welche in Frasne Anschluss nach Dijon – Paris haben; zudem in südlicher Richtung eine Direktverbindung Bern – Novara mit drei täglichen Zugpaaren. Beide Verbindungen bieten entlang der ganzen Strecke attraktive Möglichkeiten für den Tagestourismus.
Die IGöV Bern begrüsst die gemeinsame Ankündigung von SBB, ÖBB, DB und SNCF, in den kommenden Jahren neue Nachtzugverbindungen via Bern nach Rom und Barcelona anzubieten. Dies kann jedoch nur ein erster Schritt sein. Die IGöV schlägt deshalb die Schaffung weiterer Verbindungen nach Kopenhagen, Bruxelles, Amsterdam, Hamburg und Berlin (-Warschau) vor. Um unnötige Spitzkehren und Rangierbewegungen zu vermeiden können Nachtzüge der Relation Deutschland-Berner Oberland/Italien via die bestehende Verbindungslinie verkehren und statt den Bahnhof Bern den Bahnhof Ostermundigen bedienen.
Mit einem solchen Ausbau des Angebots kann der Anteil der Bahn am internationalen Personenverkehr aus und in den Grossraum Bern/westliches Mittelland/Westschweiz deutlich erhöht werden. Im Gegenzug lassen sich die durch den Flugverkehr verursachten Klimaemissionen entsprechend reduzieren.