Am Dienstag, 27. August 2024, fand die Generalversammlung des VAP im Bellevue Palace in Bern statt. Verbandspräsident Josef Dittli präsentierte eine eindrückliche Tour d’Horizon durch die Schwerpunktthemen der Branche und führte danach durch den statutarischen Teil. In seinem Gastreferat äusserte sich Bundesrat Albert Rösti über das Engagement des Bundes für einen zukunftsfähigen Güterverkehr.

Den Auftakt zur Generalversammlung des Verbands der verladenden Wirtschaft machte Verbandspräsident und FDP-Ständerat Josef Dittli mit einer kritischen Draufsicht auf die verkehrspolitischen Schwerpunktthemen der Berichtsjahre 2022/2023.

GüTG-Debatte spitzt sich zu

Als erstes Thema griff er die «Totalrevision des Bundesgesetzes über den Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen» – kurz GüTG – auf. Dittli wertete es als Zeichen von Grösse, dass sich die Verkehrskommission des Ständerates nach Abschluss ihrer Detailberatung den Wettbewerb im Gütertransport gezielt stärken möchte, die Zuständigkeit der RailCom zur Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Angebots im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) regeln und die Inhalte zu den Leitlinien zum Schienengütertransport als Grundlage für die Leistungsvereinbarung im EWLV konkretisieren will. Er betonte, dass der VAP geschlossen hinter der Vorlage und den Forderungen der vorberatenden Kommission stehe, und bedauerte das kontroverse Verhalten von SBB Cargo, die mit astronomischen Preiserhöhungen und einer weiteren Kürzung des Leistungsangebots die Verlader zu einer Rückverlagerung auf die Strasse dränge.

SBB sind «too big to rail»

Die Änderung des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen SBBG wertete der Verbandspräsident als Problem eines monopolgeprägten Systems. Er kritisierte, dass erneut Hunderte von Millionen Schweizer Franken in die SBB und damit in deren Tochter SBB Cargo flössen. Dittli forderte die Verantwortlichen auf, die Zukunft ihres Staatsbetriebs eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen und die finanziellen Folgen ihrer Strategiefehler in der Betriebs- und Investitionspolitik nicht weiter auf die Bahnkunden aus der verladenden Wirtschaft zu überwälzen.

Am Gotthard nur wenige mit Tunnelblick

Den Bahnakteuren sprach Josef Dittli ein grosses Lob für die Nachbearbeitung des Güterzugunglücks vom 10. August 2023 im Gotthardbasistunnel aus. Die Notfallpläne seien korrekt eingeleitet und gut organisiert gewesen. Das beweise, dass die international harmonisierten Regeln griffen. Nur gewisse Medienexponenten und Möchtegernexperten hätten den Beteiligten kein professionelles Notfallverhalten einräumen wollen und diskutierten stattdessen Haftungs- und Schuldfragen – obwohl diese seit Jahren klar geregelt seien.

Anschluss zum Ausland nicht verpassen

Der Verbandspräsident ging im Weiteren auf die verkehrspolitischen Beziehungen der Schweiz zur EU ein. Diese fordert von der Schweiz eine Marktöffnung im Fernverkehr. Die laufenden Verhandlungen mit der EU über die Verlängerung der befristeten Zusammenarbeit mit der Europäischen Eisenbahnagentur ERA hätten One-stop-Shop-Zulassungen und mehr Interoperabilität zum Ziel. Dittli erinnerte daran, dass die Schweiz aktuell noch über keinen vollwertigen Marktzugang zum europäischen Interop-Netz verfüge. Umso wichtiger sei eine nationale Migrationsstrategie zur Öffnung des Markts im Personenverkehr im Einklang mit der EU.

Branchenakteure gefordert

Josef Dittli nahm alle Anwesenden in die Pflicht. Er forderte sie auf, intramodalen Wettbewerb nicht nur zu diskutieren, sondern auch zu ermöglichen. Dazu regte er zur Nutzung von Privatangeboten und zum Dialog mit den Regierungs-, Stände- und Nationalrätinnen und -räten an. Zum Abschluss seiner Rede skizzierte er eine idealtypische Zukunft der Branche auf, die er bewusst im Konjunktiv formulierte. Demnach könnte der Schienenverkehr rentabel funktionieren, sofern er sich an den Kundenbedürfnissen orientierte, Innovationen zuliesse und erfolgreich umsetzte. Im Dittli’schen Idealzustand würden die SBB Cargo in einen fairen Wettbewerb mit den privatwirtschaftlichen Bahnmarktakteuren – den VAP-Mitgliedern – treten.

Simon Wey wird neuer VAP-Generalsekretär

Im statutarischen Teil der Generalversammlung gab Josef Dittli vor dem Wahltraktandum einen Stabwechsel in der operativen Führung des VAP bekannt: Dr. Simon Wey wird neuer VAP-Generalsekretär. Ab dem 1. Januar 2025 übernimmt der jetzige Chefökonom des Schweizerischen Arbeitgeberverbands die Position von Dr. Frank Furrer, der dem Verband 32 Jahre lang vorstand und dem VAP als Vorstandsmitglied erhalten bleibt.

Wahlen erfolgreich durchgeführt

Die Generalversammlung gab sämtlichen Wahlanträgen des geschäftsleitenden Ausschusses statt. Neu im Vorstand heisst der VAP die folgenden Mitglieder willkommen: Fabienne Häcki (Steeltec AG / Swiss Steel Group), Silvan Weiss (A.H. Meyer AG / avenergy), Florian Zeller (VTG Rail Europe GmbH), Frank Furrer (Gleis-Genossenschaft Ristet-Bergermoos).

Gründung der Cargorail Consulting AG

Aufgrund der grossen Nachfrage von Mitgliedern und Dritten wie Kantonen oder Fachstellen der Bundesverwaltung gründet der VAP ein Beratungsunternehmen als Tochtergesellschaft. Der Antrag zog eine entsprechende Statutenänderung nach sich. Die Generalversammlung stimmte dieser und damit der Gründung der Cargorail Consulting AG zu. Sie wählte Dieter Weber zum Präsidenten und Dr. Frank Furrer zum Vizepräsidenten und Delegierten des Verwaltungsrats. Der VAP wird über die Geschäftsaufnahme, Ausrichtung und Tätigkeitsbereiche der neuen Tochtergesellschaft zeitnah informieren.

Bundesrat Albert Rösti am Rednerpult

Als Gastreferent begrüsste die VAP-Generalversammlung Bundesrat Albert Rösti. Der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) äusserte sich zum Thema «Wie sich der Bund für einen zukunftsfähigen Güterverkehr einsetzt». Bundesrat Rösti legte dar, wie der Bund den Schienengüterverkehr in der Fläche mit der Revision des Gütertransportgesetzesund befristeten Überbrückungsfinanzierungen für den Einzelwagenladungsverkehr modernisieren und multimodale Angebote fördern möchte.

Dazu Verkehrsminister Rösti:

«Die neuen Rahmenbedingungen sind betreiberunabhängig ausgestaltet. Es sind alle Branchenakteure aufgefordert zu prüfen, welchen Beitrag sie an den Erfolg des Einzelwagenladungsverkehrs leisten wollen. Subventioniert werden sollen Leistungen, nicht Unternehmen.»

Laut Bundesrat Albert Rösti trägt die digitale automatische Kupplung (DAK) zur Modernisierung des Schienengüterverkehrs bei. Damit soll er einfacher, schneller und wirtschaftlicher werden. Für die Einführung der DAK will der Bundesrat einmalig 180 Millionen Franken zur Verfügung stellen.


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