Die BVZ Gruppe mit den beiden Produktmarken Gornergrat Bahn (GGB) und Matterhorn Gotthard Bahn (MGBahn) sowie deren Tochterunternehmung Glacier Express blickt nach einem Rekordergebnis im Vorjahr coronabedingt auf ein ausserordentlich schwieriges Geschäftsjahr zurück. Der Ertrag sank von CHF 180.1 Mio. auf CHF 128.0 Mio. (-29%). Dank eines konsequenten Kostenmanagements kann die BVZ Gruppe trotz der deutlichen Ertragsrückgänge einen positiven EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen) von CHF 16.3 Mio. ausweisen.
Konsequentes Sparprogramm federt Verluste ab
Der Ertragsrückgang ist massgeblich auf die infolge der Pandemie spürbar zurückgegangenen Gästezahlen in den vorwiegend touristisch geprägten Geschäftsfeldern Gornergrat und Mobilität zurückzuführen. Bei der GGB ist die Anzahl der Reisenden von 814’000 auf 432’000 (-46.9%) zurückgegangen, bei der MGBahn von 7.7 Mio. auf 5.9 Mio. (-22.9%). Dank einem frühzeitig in die Wege geleiteten und konsequent umgesetzten Sparprogramm gelang es der BVZ Gruppe, den Betriebsaufwand gegenüber dem Vorjahr um CHF 19.0 Mio. auf CHF 111.7 Mio. (-14.5%) zu reduzieren und dadurch die negativen Auswirkungen auf die Ergebnisentwicklung zu begrenzen. Zudem hat sich das Kader bereit erklärt, auf 30% ihrer variablen Vergütung zu verzichten. Diese umfassenden Kosteneinsparungen konnten jedoch nicht verhindern, dass die Gruppe erstmals in ihrer Geschichte einen Verlust in Höhe von CHF 7.0 Mio. ausweisen muss. Das erwartete Defizit, welches grösstenteils aus dem Regionalverkehr (Teil der Mobilität) stammt, wird vollständig mit den selbst erwirtschafteten Reserven gemäss Art. 36 des Personenbeförderungsgesetzes gedeckt.
Die Geschäftsfelder in der Übersicht
Das rein privatwirtschaftlich ausgerichtete Geschäftsfeld Gornergrat hat unter dem Einfluss der Pandemie besonders stark gelitten. Wie alle touristischen Bahnen in der Schweiz musste die GGB aufgrund der behördlichen Vorgaben den Betrieb im Frühling 2020 für fast drei Monate einstellen. Aber auch nach Wiederaufnahme des Betriebes im Juni konnten die zahlreichen Schweizer Gäste die fehlenden ausländischen Touristen nicht kompensieren. Der Ertrag nahm überproportional ab, da rund zwei Drittel der Schweizer Gäste ihre Fahrt zum Halbtaxtarif kauften. Auch das unbeständige und kalte Herbstwetter, der mangels Schnee verspätete Start in die Wintersaison, sowie die raren Sonnentage zum Jahresende hielten viele Gäste von einer Fahrt auf den Gornergrat oder einem Skitag in Zermatt ab.
Im Geschäftsfeld Mobilität, das neben dem Regionalverkehr auch den Autoverlad, den Güterverkehr und den Glacier Express einschliesst, verminderte sich der Ertrag um 32% oder CHF 21.7 Mio. Der Rückgang ist auf Frequenzeinbussen von 77% beim Glacier Express und von 22.9% im Regionalverkehr zurückzuführen. Der Autoverlad hingegen konnte von der Pandemie profitieren und verzeichnete 2020 mit einem Zuwachs von 10.4% ein absolutes Rekordergebnis. Das Transportvolumen im Güterverkehr zwischen Visp und Zermatt sank um 8.7%.
Das Geschäftsfeld Immobilien steigerte die Einnahmen dank den Vermietungserfolgen der Andermatt Central AG auf CHF 5.2 Mio. (+6.3%). Die im Herbst 2019 begonnene Vermarktung der Liegenschaft in Andermatt verlief so erfolgreich, dass Ende 2020 alle 58 Wohnungen vermietet waren. Die Renditeliegenschaften in Zermatt waren wie in den Vorjahren ebenfalls voll vermietet und die Vermietungsrate der Immobilie in Visp konnte leicht angehoben werden. Der Marktwert des Immobilienportfolios per Ende 2020 belief sich auf CHF 112.9 Mio. (+ 20.9%).
Im Geschäftsfeld Beteiligungen reduzierte sich der Beteiligungsertrag von CHF 0.8 Mio. auf CHF 0.3 Mio. Der Rückgang resultiert aus dem Entscheid der Zermatt Bergbahnen AG (ZBAG), die Dividendenzahlung auszusetzen. Die BVZ Gruppe ist an der ZBAG mit 22% beteiligt. Die Ausschüttung der Matterhorn Terminal Täsch AG, an der die BVZ Gruppe mit 34% beteiligt ist, blieb auf hohem Niveau unverändert.
Investitionen in die Zukunft dank solider Substanz
Auch im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld hält die BVZ Gruppe aufgrund der in den vergangenen Jahren aufgebauten soliden finanziellen Substanz an ihren strategischen Zielen und den damit einhergehenden Investitionsprogrammen fest. Dazu gehören beispielsweise die Beschaffung von neuem Rollmaterial für die MGBahn und die Gornergrat Bahn (GGB). Im Rahmen der Flottenstrategie 2030 haben Stadler Rail und die BVZ Gruppe im März 2020 zudem einen Vertrag zur Produktion und Lieferung von zwölf dreiteiligen Zahnrad-Triebzügen (ORION) unterzeichnet. Die Gesamtprojektkosten belaufen sich auf CHF 158 Mio. Bis 2028 sollen in einer zweiten Phase weitere 15 dreiteilige Zahnrad-Triebzüge im Umfang von CHF 142 Mio. beschafft werden. Der kommerzielle Einsatz der ersten sechs Triebzüge ist ab Mai 2023 geplant. Für die GGB wurden fünf Doppeltriebwagen zum Preis von CHF 45 Mio. bestellt. Der Einsatz der ersten drei Doppeltriebwagen erfolgt voraussichtlich ab August 2022. Auch die Weiterentwicklung des Gornergrats als Top-Ausflugsberg läuft weiter und wird im Sommer 2021 mit der geplanten Eröffnung der multimedialen Erlebniswelt «Zooom the Matterhorn» einen echten Höhepunkt erleben. Das mit knapp neun Millionen Franken veranschlagte Projekt ist ein wichtiger Bestandteil der naturnahen Weiterentwicklung des Ausflugbergs.
Zukunftsweisende Infrastrukturprojekte
Im öffentlichen Auftrag werden die Bahn- und Publikumsanlagen laufend erneuert und der barrierefreie Zugang ab Ende 2023 sichergestellt. Ein Paradebeispiel hierfür ist der am 7. Dezember 2019 eröffnete neue öV-Hub in Fiesch, der 2020 den Schweizerischen Mobilitätspreis «Flux – Goldener Verkehrsknoten» gewonnen hat. Für die MGBahn von besonderer Bedeutung ist zudem das Projekt für den neuen Eisenbahntunnel zwischen Täsch und Zermatt, welches Bestandteil des schweizweiten strategischen Entwicklungsprogramms (STEP AS2035) für den Bahnverkehr ist. Mit der Linienführung im Berg werden die Gefahrenzonen (Steinschlag- und Lawinenzonen) umgangen, was eine absolute Verfügbarkeit und Wintersicherheit garantiert. Der Tunnel ermöglicht ab der Inbetriebnahme nach 2030 einen Angebotsausbau vom bestehenden 20-Minuten- auf einen 15-Minuten-Takt zwischen Täsch und Zermatt.
Dividende
Infolge der pandemiebedingten massiv zurückgegangenen Erträge und des ausgewiesenen Verlusts empfiehlt der Verwaltungsrat der Generalversammlung der BVZ Holding AG vom 15. April 2021 vorsichtshalber auf die Ausschüttung einer Dividende zu verzichten. Sobald die Umstände und der Geschäftsgang es erlauben, wird der Verwaltungsrat die Ausschüttung einer Sonderdividende ins Auge fassen.
Zuversichtlicher Ausblick dank starker Marken und Produkte
Die BVZ Gruppe sieht sich gut positioniert, um nach dem Wegfall der pandemiebedingten Einschränkungen zeitnah von der steigenden Nachfrage nach sicheren und komfortablen Transportleistungen sowie nach unvergesslichen Freizeiterlebnissen im Alpenraum profitieren zu können. Ein zielgerichtetes Digitalisierungsprogramm, das sich sowohl in Marketing und Verkauf als auch im operativen Bereich positiv auswirkt, sowie eine Vielzahl innovativer touristischer Attraktionen könnten bereits im laufenden Jahr die Nachfrage wieder ankurbeln. Die Voraussetzungen, um an die positive Entwicklung der letzten Jahre anknüpfen zu können, sind gut. Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung halten an den ambitionierten Zielen der laufenden Strategieperiode fest.
Änderungen im Verwaltungsrat
Herr Jean-Pierre Schmid, langjährig verdientes Mitglied und Präsident der BVZ Holding AG und Matterhorn Gotthard Bahn, wird nach den Generalversammlungen abtreten. Den Generalversammlungen der Matterhorn Gotthard Bahn vom 08.04.2021 und der BVZ Holding vom 15.04.2021 wird Herr Patrick Z’Brun als neuer Präsident vorgeschlagen. Bei der BVZ Holding AG soll Frau Carole Ackermann das Vize-Präsidium übernehmen. Als Ergänzung zu den bisherigen Mitgliedern werden neu die Herren Paul-Marc Julen aus Zermatt und Peter B. Arnold aus Baar zur Wahl in den Verwaltungsrat der BVZ Holding AG vorgeschlagen. Zudem soll Frau Brigitte Hauser-Süess als Verwaltungsrätin der BVZ Holding AG auch Einsitz in den Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft Matterhorn Gotthard Bahn nehmen.