Bilanzmedienkonferenz: Verlustreiches 2020 für die RhB

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 14. April 2021 veröffentlicht.

Das Geschäftsjahr 2020 war auch bei der Rhätischen Bahn (RhB) stark geprägt von der Corona-Pandemie. Infolge massiv tieferer Betriebserträge und trotz frühzeitig eingeleiteter Sparmassnahmen resultiert für 2020 ein konsolidierter Gesamtverlust von 6.9 Millionen Schweizer Franken. Dies nach einem Gewinn von 7.1 Millionen Schweizer Franken im Vorjahr. Ohne die COVID-19-Finanzhilfen von Bund und Kanton für den Regionalen Personenverkehr und den Autoverlad hätte der Verlust 19.9 Millionen Schweizer Franken betragen. Nur in den Sparten Güterverkehr und Infrastruktur wurden die finanziellen Ziele erreicht. Hohe Verluste der Tochtergesellschaften Glacier Express AG und Panoramic Gourmet AG führten in der Sparte Nebengeschäft zu einem hohen negativen Ergebnis.

Mit gezielten Massnahmen sowie der Repriorisierung von Projekten bzw. Investitionen und dem Zurückstellen von nicht sicherheitsrelevanten und zwingenden Unterhaltsarbeiten konnten die Kosten deutlich reduziert werden. Als Reaktion auf die tiefen Frequenzen während des Shutdowns im Frühling 2020 verkehrten weniger Züge, teilweise auch ohne Zugpersonal. Die Öffnungszeiten an den Bahnhöfen wurden verkürzt. Auf Empfehlung des Bundesamts für Verkehr meldete die RhB im April Kurzarbeit von bis zu 20 Prozent an. Von Mai bis Ende Jahr erfolgte bei den Mitarbeitenden ein angeordneter konsequenter Abbau von Ferien, Mehrarbeits- und Überzeit.

Voller Einsatz unter schwierigen Bedingungen

Das äusserst herausfordernde 2020 war auch für die Mitarbeitenden der RhB eine grosse Belastung. Mit Inkrafttreten des ersten Shutdowns am 16. März musste auch die RhB einen Fahrplanwechsel in kürzester Zeit umsetzen und den operativen Betrieb sicherstellen. Den Mitarbeitenden gelang es, diese Herkulesaufgabe innert weniger Tage und ohne nennenswerte Probleme zu bewerkstelligen. Ebenso reibungslos konnte das System beim Lockern der Massnahmen wieder hochgefahren werden. Die ungewohnte Situation, die schnelle Entscheide und rollende Anpassungen innert kürzester Zeit verlangte, war für alle sehr herausfordernd.

Massiver Ertragseinbruch im Personenverkehr

Die Personenkilometer brachen um einen Drittel ein. Entsprechend sanken die Nettoerlöse aus Verkehrsleistungen in der Sparte Personenverkehr im Vergleich zum Vorjahr von CHF 98,9 Mio. auf CHF 67,9 Mio. Aufgrund der Transportpflicht konnte das Fahrplanangebot und damit die Kosten nur leicht reduziert werden. Umfangreiche Schutzmassnahmen führten zu zusätzlichen Ausgaben. Der Kostendeckungsgrad erreichte mit 45.1% einen Tiefstwert. Dies nach dem Spitzenwert 2019 von 60.3 %. Dank der COVID-19-Finanzhilfen von Bund und Kanton im Umfang von CHF 11,4 Mio. konnte das Spartenergebnis im Personenverkehr von brutto CHF – 18,4 Mio. auf CHF – 7,0 Mio. verbessert werden. Dies entspricht dem Wert der noch vorhandenen Reserven Art. 36 des Personenförderungsgesetzes (PBG), die damit nach der Gewinn- /Verlustverwendung 2020 vollständig aufgebraucht werden.

Starker Rückgang beim Autoverlad

Die Anzahl beförderter Fahrzeuge ging im Vergleich zum Vorjahr um rund 22 Prozent zurück. Der Nettoerlös fiel um 24 Prozent tiefer aus und betrug CHF 12,7 Mio. Aufgrund der beschränkten Möglichkeiten zur Kostenreduktion während der Aufrechterhaltung des Fahrplans betrug der Verlust CHF – 1,6 Mio. Dank der COVID-19-Finanzhilfe des Bundes mit einem à-fond-perdu-Betrag in gleicher Höhe ergab sich ein Spartenergebnis von Null.

Güterverkehr und Infrastruktur erreichen Ziele

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Güterverkehr und die Infrastruktur waren geringer als auf die anderen Sparten. Das Ergebnis in der Sparte Güterverkehr lag um CHF + 0,1 Mio. höher als im Vorjahr. Bei der Infrastruktur resultierte ein Spartenergebnis von CHF 1,8 Mio., das unmittelbar der gebundenen Reserve nach Art. 67 des Eisenbahngesetzes (EBG) zugewiesen wird. Die hohe Investitionstätigkeit zugunsten Substanzerhalt und Erneuerung der Infrastruktur konnte mehrheitlich gemäss Planung fortgeführt werden. Die Ertragsausfälle aus der Trassenpreisverrechnung wurden dank der tieferen Unterhalts- und Betriebskosten aufgefangen.

Hohe Verluste im Nebengeschäft

Im nicht subventionierten Nebengeschäft der RhB waren die Auswirkungen der Corona-Pandemie enorm. Insgesamt resultierte ein negatives Spartenergebnis von CHF – 3,7 Mio.

Die Glacier Express AG und die Panoramic Gourmet AG erlitten massive Verluste. Die Muttergesellschaften RhB und die Aktiengesellschaft Matterhorn Gotthard Bahn stellten frühzeitig notwendige Darlehen zur Verfügung. Infolge der unsicheren Wirtschaftslage und Entwicklung verbuchte die RhB die nötigen Wertberichtigungen auf den Darlehen zulasten des Jahresergebnisses 2020. Ähnliche Ertragseinbrüche verzeichneten die Segmente historische Fahrten und Bernina Express Bus.

RhB Immobilien AG mit positivem Ergebnis

Die im Juni 2020 rückwirkend auf den 1. Januar 2020 gegründete Tochtergesellschaft RhB Immobilien AG lieferte mit ihren nicht bahnbetriebsnotwendigen Immobilien einen positiven Beitrag zum Konzernergebnis von rund CHF + 1,1 Mio. (exkl. Auflösung Rückstellung von CHF 27,0 Mio.).

Weiterhin hohe Investitionstätigkeit

Das Investitionsvolumen blieb mit CHF 415,4 Mio. hoch und hat sich gegenüber dem Vorjahr (CHF 339,4 Mio.) nochmals gesteigert. In den Substanzerhalt und den punktuellen Ausbau der Infrastruktur wurden CHF 203,5 Mio. investiert (Vorjahr CHF 255,6 Mio.). Im Verkehr und Nebengeschäft lagen die Investitionen bei CHF 211,9 Mio. (Vorjahr CHF 83,8 Mio.), hauptsächlich wegen der laufenden Beschaffung der 56 Capricorn-Triebzüge.

Abgeltungsvereinbarungen mit Bund und Kanton

Auf Basis der Leistungsvereinbarungen erhielt die RhB von der öffentlichen Hand Abgeltungen für ungedeckte Betriebskosten und Abschreibungen von insgesamt CHF 192,9 Mio. Davon entfielen CHF 91,2 Mio. auf die Finanzierung des Personenverkehrs, CHF 6,9 Mio. auf den Güterverkehr, CHF 1,8 Mio. auf den Autoverlad Vereina und CHF 92,9 Mio. auf die Infrastruktur (Betrieb und Abschreibungen). Darin enthalten sind auch COVID-19-Finanzhilfen à-fonds-perdu von CHF 11,4 Mio. (Personenverkehr) und CHF 1,6 Mio. (Autoverlad).

Solide Bilanz und enge Überwachung der Liquidität

Die flüssigen Mittel sanken, auch als Folge der deutlich tieferen Erträge und hohen Investitionen, auf rund CHF 105 Mio. Die zusätzlichen Investitionen beim Rollmaterial (Beschaffung Capricorn-Triebzüge) und in der Infrastruktur wurden durch eine 3. Anleihe von CHF 100 Mio. sowie durch Mittel der Leistungsvereinbarung finanziert. Die bedingt rückzahlbaren Darlehen des Bundes nahmen um rund CHF 155 Mio. auf CHF 1 882 Mio. zu.

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Testfahrt in Vielfachsteuerung mit vier gekuppelten Capricorn-Triebzügen der Rhätischen Bahn am 13. November 2020. / Quelle: RhB

Zukunftsaussichten

Die Entwicklung bleibt aufgrund der Corona-Pandemie nach wie vor unsicher. Eine zuverlässige Einschätzung der finanziellen Auswirkungen auf das Geschäftsjahr 2021 ist nicht möglich. Die RhB kann jedoch weiterhin auf die spürbare Unterstützung des Kantons Graubünden und des Bundes zählen. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der RhB sind zuversichtlich, dass sich der langfristige Wachstumstrend im öV, gerade im Personenverkehr, in den nächsten Jahren, vielleicht etwas abgeschwächt aber doch fortsetzen wird. Die RhB ist gut aufgestellt und in verschiedenen Sparten tätig und solid unterwegs. Die Modernisierung wird weiter vorangetrieben. Dennoch ist höchste Aufmerksamkeit auf allen Ebenen nötig.


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Text-QuelleRhB
Redaktionhttps://www.bahnonline.ch
Aus der Bahnonline.ch-Redaktion. Zugesandte Artikel und Medienmitteilungen, welche von der Redaktion geprüft und/oder redigiert wurden.

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