Prix LITRA 2021: Zwei ETH-Arbeiten zu aktuellen Fragen machen das Rennen

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 1. Oktober 2021 veröffentlicht.

Das Interesse an Nachtzugverbindungen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Der Angebotsausbau zieht aber hohe Produktionskosten nach sich – insbesondere beim Rangiervorgang. Patrick Althaus und Alexander Staub haben deshalb die technischen Anforderungen für Schlafwagen untersucht, mit dem Ziel, kostengünstigere und flexiblere Konzepte für den Betrieb von Nachtzügen zu finden. Dafür werden sie mit dem Prix LITRA ausgezeichnet. Der zweite Preis geht an Daniel Regueiro Sánchez. Er hat seine Arbeit dem Problem der Lastspitzen in der Bahnstromversorgung gewidmet. Sie entstehen, wenn mehrere Züge im gleichen Netzabschnitt zur gleichen Zeit beschleunigen. Der Autor untersucht, wie es gelingt, Lastspitzen zu glätten und damit die Stromversorgung zu stabilisieren.

Insgesamt zwölf Arbeiten waren dieses Jahr im Rennen um den Prix LITRA. Nur zwei Bachelorarbeiten sind dieses Jahr eingegangen. Die achtköpfige Jury hat sich Ende August 2021 zusammengesetzt und schliesslich entschieden, zwei Masterarbeiten von Studierenden der ETH Zürich auszuzeichnen. Beide prämierten Arbeiten greifen eine aktuelle Frage auf, für die eine Patentlösung fehlt. Wie ist damit umzugehen, dass Nachtzüge zwar zweifellos eine klimafreundliche Alternative zum Fliegen sind, aber im Betrieb sehr kostenintensiv? Und wie lassen sich die potentiell sehr weitreichenden Folgen eines Zusammenbruchs des Stromnetzes bei einer Bahn betrieblich am besten vermeiden? Diese Fragen werden in den Prix LITRA-Arbeiten 2021 adressiert.

Antriebs- und Betriebskonzept für Kurswagen mit eigenem Hilfsantrieb

Der Nachtzug erlebt als klimafreundliche Alternative zum Fliegen eine echte Renaissance. Ihr Betrieb ist allerdings wegen der hohen Produktionskosten oft nur knapp rentabel. Denn Nachtzüge sind heute in ihrer Art meist nicht flexibel kombinierbar. Dadurch entstehen meist eher umständliche Betriebskonzepte, bei denen die Passagiere erst an unterschiedlichen Halten «gesammelt» werden und am frühen Morgen teils wieder aussteigen. Dabei spielen Rangiervorgänge eine wichtige Rolle. Der batteriebetriebene Antrieb und die automatische Kupplung von Zügen eröffnen hier neue Möglichkeiten. Patrick Althaus und Alexander Staub, Absolventen in Elektrotechnik der ETH Zürich, haben diese Vorgänge analysiert. Sie haben sich intensiv mit der technischen Auslegung der Kurswagen-Komponenten auseinandergesetzt. Ihre umfangreiche Nutzwertanalyse zeigt: Das grösste Potenzial verspricht ein Modul von zwei einstöckigen Wagen mit einer automatischen Kupplung und batteriebetriebenem Antrieb. Damit können die Module ohne Lok und mit minimalem Personaleinsatz rangiert, zu einem Verbund zusammengeschlossen oder auf einem «Hotelgleis» als autonome Einheit abgestellt werden. Das Kupplungskonzept wird an einem fiktiven Nachtzugangebot zwischen der Schweiz und Italien getestet. Dabei werden Zugsteile aus verschiedenen Abgangsbahnhöfen zusammengeführt und nach gemeinsamer Fahrt je nach Destination wieder getrennt. Trotz höherer Beschaffungskosten ist das Konzept gemäss den Berechnungen der Autoren wirtschaftlich.

Quantification and reduction of power peaks in railway networks: a simulation-based approach

In den vergangenen Jahren wurden die Fahrpläne im Schienenverkehr weiter verdichtet. Neu beschaffene Züge beschleunigen zudem oftmals schneller als früher, insbesondere im Regionalverkehr die Sprinterzüge. Damit nehmen die Anforderungen an die Stromversorgung deutlich zu: Der Energieversorger muss eine hohe Spitzenlast abdecken können, wenn mehrere Züge im selben Netzabschnitt gleichzeitig beschleunigen. Bereits bei einem stabilen Fahrplan ist es eine Herausforderung, die gleichzeitig anfahrenden Züge zuverlässig zu versorgen; bei Störungen kann die Belastung sogar noch höher ausfallen. Auch wenn der Strombedarf im Durchschnitt viel geringer ist, muss die Bahnstromversorgung auf die Spitzen ausgelegt werden, mit entsprechender Kostenfolge Daniel Regueiro Sánchez simuliert die Spitzenbelastungen für einen Bahnabschnitt im Tessin, zuerst für den fahrplanmässigen Betrieb, dann für bestimmte Verspätungsfälle. In seinem Modell treten tatsächlich scharfe Leistungsspitzen auf, die durch Verspätungen noch verstärkt werden. Seine Simulation zeigt aber auch, dass es grundsätzlich möglich ist, die Spitzen zu minimieren und trotzdem die Pünktlichkeitsvorgaben einzuhalten. Dazu untersucht der Autor, was passiert, wenn die Züge zu einer zeitversetzten Abfahrt gezwungen werden oder ihre Maximalleistung reduziert wird. Insbesondere die zweite Strategie erweist sich als sehr wirksam, um Spitzen zu reduzieren: Wird die Leistung begrenzt, die einer Lok bei der Beschleunigung zur Verfügung steht, wirkt sich das deutlich auf den Leistungsbedarf aus, verlängert die Fahrt aber nur geringfügig.

Geschäftsbericht 2020/2021
Das LITRA-Geschäftsjahr 2020/2021 war mit Sicherheit ein spannendes, schwer vorhersehbares. Die Corona-Pandemie stellt vieles auf die Probe, hoffnungsvolle Ausblicke und Durchhalteparolen wechseln sich ab. Das gilt auch für den öffentlichen Verkehr. Kaum jemand dürfte sich zur Zeit zu einer leichtfertigen Prognose hinreissen lassen, wann der Pendlerverkehr wieder zum Vorkrisenniveau zurückfindet. Gleichzeitig und trotz schwieriger Umstände unternehmen wir Reisen und bewältigen unseren Alltag.

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