Wieviel Bestand haben Nostalgie, Tradition und politischer Wunsch vor dem Hintergrund technischer, planerischer und finanzieller Fakten? Eineinhalb Jahre nach der Beauftragung legt das Büro Obermeyer Planen und Beraten GmbH das Ergebnis der technischen Machbarkeitsstudie für die Anbindung Lörrachs an das Basler Tramnetz vor. Das Ergebnis der Studie wird dem Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) wie auch dem Gemeinderat in einem ersten Schritt zur Kenntnisnahme erörtert, um im Weiteren über die nächsten Schritte einer möglichen Konkretisierung der Tramstudie zu entscheiden.
Die im Juli 2021 vom Gemeinderat beauftragte Machbarkeitsstudie hatte die Aufgabe grundsätzlich zu klären, ob und wie sinnvoll eine Tramverlängerung von Basel/Riehen nach Lörrach für die weitere Stadtentwicklung ist. Die Studie sollte daher Aussagen auf machbare Tram-Trassenvarianten zur Verlängerung des Basler Tramnetzes nach Lörrach beinhalten. Für eine umfassende Beurteilung sollte die Studie zudem Informationen zu relevanten planerischen Parametern enthalten: neben einer verkehrsplanerischen Einordnung der Massnahmen sind Aussagen zu den Varianten, den Auswirkungen auf andere Verkehrsträger, die Stadtstruktur und Strassenräume sowie relevante Verknüpfungspunkte mit Bus und Bahn gefordert. Ferner soll die Studie eine Grobkostenschätzung der Baukosten beinhalten.
Die entstandenen Kosten in Höhe von rund 67.000 Euro werden aus der Förderung im Rahmen des Programms Nationale Projekte des Städtebaus für das Zollquartier kofinanziert.
Die Machbarkeitsstudie wurde vom Büro Obermeyer Planen und Beraten in regelmässiger Abstimmung mit Gunnar Heipp, Professor für Verkehrsplanung, Leiter des Instituts für Raumentwicklung (IRAP) an der Ostschweizer Fachhochschule (OST) in Rapperswil als Verfahrensberater und in Rückkopplung mit den Basler Verkehrsbetrieben erarbeitet.
Hintergrund waren und sind zahlreiche Pläne, Projekte und Programme in Lörrach, für die Klarheit bezüglich der Tram-Frage eine hohe inhaltliche und konzeptionelle Bedeutung hat. Zum einen sind dies zukunftsweisende Mobilitätsprojekte, wie der Ausbau der S-Bahn, Radverkehrsprojekte im Kontext der Velooffensive, die Entwicklung des Stadtbusnetzes und die Strassenraumgestaltung, deren Weiterentwicklung Klarheit braucht, inwieweit die Tram zum zweiten Rückgrat des ÖV auf der Schiene werden kann. Zum anderen sind es zahlreiche Projekte in der räumlichen Entwicklung, die Klarheit benötigen, ob eine mögliche Tram-Strecke eine veränderte Erschliessungswirkung und Lagegunst bedeutet. Auch für das geplante Gesamtmobilitätskonzept ist Klarheit bezüglich der Tram wichtig, da eine mögliche Tramverlängerung Wechselwirkungen auf das Konzept und seine Umsetzung hat.
Das komplexe Ergebnis in Kürze
In der Studie wurde zunächst die technische Machbarkeit untersucht: kann ein entsprechendes Infrastrukturprojekt baulich in die Lörracher Strassenräume und ihren städtebaulichen Kontext integriert werden? Die Studie kommt grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass zwei Trassenführungen in Lörrach technisch potentiell geeignet sind: Eine Trasse beginnend am Zollübergang bis zum Areal des Zentralklinikums oder eine Trasse beginnend am Zollübergang bis Haagen Messe. Beide Varianten sind mit Kompromissen unter anderem durch beengte Flächenverhältnisse, zu erstellende Ingenieursbauwerke, Grünraumverluste behaftet. Mit Blick auf die zentrale Ausgangslage, ob das Verkehrsmittel Tram auch auf ausreichend Nachfrage begründet sein wird, muss eine umfangreiche Verkehrsmodellierung durchgeführt werden, die im Rahmen der vorliegenden Studie aufgrund der fehlenden Datenlage nicht umsetzbar war. Ausserdem ist in einem weiteren Schritt eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorzuweisen, da dies eine Voraussetzung für eine Förderung durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wäre.
Sowohl für die konkrete Machbarkeit wie auch für die Wirtschaftlichkeit sind weitere tiefergehende Untersuchungen und Gutachterleitungen notwendig, um die umfangreiche Tramstudie weiter konkretisieren zu können. Nach ersten Schätzungen wird für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit und die grundlegenden Verkehrsmodellrechnungen ein Budget in Höhe von rund 200.000 Euro notwendig, über das der Gemeinderat im Fall der Weiterführung der Tramstudie für das Haushaltsjahr 2024 beraten und entscheiden muss.
Die Ergebnisse der Studie werden im Nachgang zur ersten Kenntnisgabe im Gemeinderat der Bürgerschaft und weiteren Interessierten vorgestellt, damit sich die Akteure in Ruhemit den komplexen Inhalten auseinandersetzen können. Vor der Sommerpause, spätestens im Herbst 2023 zu den Haushaltsplanungen für das Jahr 2024 wird eine Entscheidung des Gemeinderats angestrebt, ob die Ergebnisse der Tramstudie weiterverfolgt werden und die notwendigen Haushaltsmittel eingestellt werden.
«Ich freue mich, dass es gelungen ist, dem Gemeinderat wie auch der Bürgerschaft nach einer intensiven fachkundigen Bearbeitung durch das versierte Büro Obermeyer, der emotional- und traditionsreichen Debatte eine solide und faktenbasierte planerische Grundlage und Einordnung an die Hand geben zu können»
, fasst Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić zusammen.
«Wir haben mit der vorliegenden Studie eine gute, fachliche Diskussionsgrundlage.»