Öffentlicher Verkehr ist für Menschen mit Behinderung vielerorts, aber noch nicht überall zugänglich

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 29. März 2023 veröffentlicht.

Im öffentlichen Verkehr (öV) sind in den letzten Jahren viele Anlagen und Fahrzeuge so angepasst worden, dass Fahrgäste mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität selbständig reisen können. Der grösste Handlungsbedarf besteht weiterhin bei den Bushaltestellen. Auch bei den Bahnhöfen sind nach Ablauf der gesetzlichen Frist Ende 2023 Lücken absehbar. Dies geht aus dem Bericht hervor, den der Bundesrat an seiner Sitzung vom 29.03.2023 verabschiedet hat.

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) hält fest, dass der öV spätestens ab Ende 2023 barrierefrei und damit für Menschen mit Behinderung grundsätzlich autonom nutzbar sein muss. Auch Personen mit altersbedingter Beeinträchtigung, die vom BehiG miterfasst sind, können so den öV besser benutzen. Für die Umsetzung sind grundsätzlich die Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiber verantwortlich, bei den Bushaltestellen die Kantone und Gemeinden. Mit einem Postulat des damaligen Nationalrats Matthias Reynard wurde der Bundesrat im Jahr 2020 beauftragt, eine Übersicht zum Umsetzungsstand zu erstellen und aufzuzeigen, wann und wie die verbleibenden Lücken geschlossen werden.

Wie die vom Bundesamt für Verkehr (BAV) bei den Transportunternehmen erhobenen Daten zeigen, sind in den letzten Jahren viele öV-Haltepunkte so angepasst und viele Fahrzeuge so beschafft worden, dass Fahrgäste mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität selbständig reisen können. So werden beispielsweise Busse und Eisenbahnwagen sowie der konzessionierte Personen-Schiffsverkehr bis Ende 2023 grösstenteils BehiG-konform sein. Auch die eidgenössisch konzessionierten Seilbahnen haben grosse Fortschritte erzielt. Lücken bei der fristgerechten BehiG-Umsetzung sind in erster Linie bei den Bushaltestellen und teilweise bei den Bahnhöfen und Tramhaltestellen absehbar. Bei den Bushaltestellen wird per Ende 2023 nur etwa ein Drittel den Vorgaben entsprechen. Hier besteht für Kantone und Gemeinden als verantwortliche Strassen- und damit Haltestelleneigentümer noch ein grosser Handlungsbedarf.

Bei der Eisenbahn werden per Ende 2023 rund 60 Prozent der Bahnhöfe für Menschen mit Beeinträchtigung autonom nutzbar sein. Weil die Bahnen die wichtigsten Stationen prioritär anpassen, können über 80 Prozent der Reisenden davon profitieren. Rund 500 Bahnhöfe werden erst nach Ende 2023 baulich angepasst sein. Handlungsbedarf verbleibt auch bei den eidgenössisch konzessionierten Seilbahnen. Menschen mit Beeinträchtigungen können per Ende 2023 rund drei Viertel dieser Anlagen autonom nutzen.

Zwingende Alternative ab Ende 2023

Wo die autonome Benutzung des öV durch Menschen mit Beeinträchtigung nicht bis Ende 2023 möglich wird, haben die konzessionierten Unternehmen abgestimmt mit den Haltestelleneigentümern Überbrückungsmassnahmen zu gewährleisten. Bei öV-Anlagen, die aus Verhältnismässigkeitsgründen gar nicht angepasst werden, müssen die Unternehmen Ersatzlösungen anbieten. In beiden Fällen steht Unterstützung durch Personal der Transportunternehmen im Vordergrund.

Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG): Koordinationsgruppe VöV eingesetzt
Bis Ende 2023 müssten die Vorgaben des BehiG umgesetzt sein – dies wird aber bis dann nicht vollständig der Fall sein. Weil das Thema an Brisanz zunehmen wird, ist eine gute Koordination der verschiedenen Aktivitäten der öV-Branche wichtig. Der Vorstand VöV hat deshalb eine befristete Koordinationsgruppe BehiG ins Leben gerufen.

Innerhalb der öV-Branche sind viele Aktivitäten bezüglich der Umsetzung des BehiG am Laufen. Bei diversen Teilthemen bezüglich Ersatzmassnahmen gibt es noch offene Fragen und unerledigte Arbeiten, wie etwa bei Ersatzverkehren mit Shuttles, die Klassifizierung der Buskanten oder eine Übersicht über den Stand der Umsetzung in den Kantonen.

Alliance Swiss Pass (ASP) wird die Transportunternehmungen Ende Mai erneut auffordern, die für die Umsetzung der Ersatzmassnahmen benötigten Angaben zu melden, beziehungsweise die durch Transportunternehmungen vorzunehmenden Abklärungen zu tätigen.

VöV: Koordinationsgruppe

Weiterhin fehlt aber eine Übersicht und Koordination der Arbeiten sowie über die Kommunikation. Deshalb hat der VöV-Vorstand beschlossen, eine befristete Koordinationsgruppe BehiG ins Leben zu rufen. Diese Ziele soll die Koordinationsgruppe BehiG erreichen:

– Übersicht über die laufenden Aktivitäten bei den Transportunternehmen (TU) und Bahninfrastrukturbetreibern
– Koordination der Ansprechstellen für Fragen der TU und der VöV-Kommissionen
– Koordination/Abstimmung der brancheninternen Information
– Koordination/Abstimmung der externen Kommunikationsaktivitäten und einer einheitlichen Medienkommunikation
– Koordination der Abstimmung und des Einbezugs der externen Akteure

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Text-QuelleBAV / VöV
Redaktionhttps://www.bahnonline.ch
Aus der Bahnonline.ch-Redaktion. Zugesandte Artikel und Medienmitteilungen, welche von der Redaktion geprüft und/oder redigiert wurden.

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