Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) hat bei den Fahrzeugtypen MUTZ ein ungewöhnliches Bremsverhalten festgestellt. Die BLS hat umgehend mehrere Massnahmen eingeleitet, welche den sicheren Betrieb der Züge gewährleisten. Gemeinsam mit dem Fahrzeughersteller Stadler und der SUST analysiert die BLS derzeit vertieft die Ursache.
Am 31. Dezember 2020 stiess am Bahnhof Belp ein MUTZ-Fahrzeug mit 23 km/h mit einem zweiten MUTZ zusammen, an den er für die Weiterfahrt angekuppelt werden sollte. An beiden Fahrzeugen entstand ein Sachschaden in Höhe von je rund 400’000 CHF. Die BLS hat den Vorfall vorschriftsgemäss an das Bundesamt für Verkehr (BAV) und die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) gemeldet und eine Taskforce für die Aufarbeitung ins Leben gerufen.
Bei der Untersuchung des Ereignisses hat die SUST ein ungewöhnliches Bremsverhalten bei schlechten Schienenverhältnissen festgestellt. Dieses trat auf Versuchsfahrten mit einem MUTZ-Fahrzeug Anfang Februar 2021 auf. Es wurde ausserdem ein Quervergleich mit einigen wenigen ähnlichen Ereignissen zwischen 2013 und 2020 gezogen, die keine Schäden verursachten und von der BLS ordnungsgemäss dem Bundesamt für Verkehr (BAV) und / oder der SUST gemeldet worden waren. Basierend auf diesen Untersuchungen hat die SUST am 26. Februar 2021 einen entsprechenden Zwischenbericht mit Sicherheitsempfehlungen auf ihrer Website veröffentlicht.
Sofortmassnahmen umgesetzt
Damit die Sicherheit der Reisenden und Mitarbeitenden gewährleistet werden kann, hat die BLS bereits im Januar präventiv Massnahmen eingeleitet: Das Lokpersonal ist angewiesen, bei schlechten Schienenverhältnissen die Geschwindigkeit vor Signalen oder anderen Haltepunkten früher und stärker zu reduzieren und zum sicheren Bremsen vermehrt Sand einzusetzen. Die routinemässigen Bremskontrollen in den Werkstätten wurden intensiviert. Ausserdem wird die S6 zwischen Bern und Schwarzenburg ab dem 1. März 2021 statt mit dem MUTZ mit anderen Fahrzeugtypen befahren. Dies, weil sich auf dieser Strecke die Sofortmassnahmen nicht vollumfänglich umsetzen lassen. Die BLS hat das BAV über diese Massnahmen in Kenntnis gesetzt.
Untersuchungen des Fahrzeugherstellers
Den Befund zum ungewöhnlichen Bremsverhalten vom 31.12.2020 hat die BLS umgehend an Stadler, den Hersteller der MUTZ-Fahrzeuge, weitergeleitet. Aktuell werden von allen Beteiligten (BLS, Stadler, SUST) die bisherigen Erkenntnisse vertieft analysiert und mit Hochdruck die Ursache des ungewöhnlichen Bremsverhaltens ergründet, um sie zu beheben.
Gemäss den aktuellen Erkenntnissen der BLS trat das ungewöhnliche Bremsverhalten jeweils unter bestimmten Bedingungen auf: So führte bei sehr langsamer Fahrt sowie nasser Witterung und Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt ein schlechter Rad-Schienenkontakt zu ungenügender Bremswirkung. Dadurch war der Bremsweg entsprechend länger.
Der Fahrzeughersteller Stadler geht zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass das ungewöhnliche Bremsverhalten auf eine nicht optimale Bremswirkung von einem der drei Bremssysteme bei Langsamfahrten und schlechten Schienenverhältnissen zurückzuführen ist. Die anderen zwei Bremssysteme funktionieren jedoch einwandfrei. Dadurch können auch die Schnellbremsung jederzeit ausgelöst und die Bremswege bei nasser und trockener Schiene eingehalten werden. Damit sieht Stadler die Anforderungen der Fahrdienstvorschriften als erfüllt und die Sicherheit der Fahrzeuge als gegeben an.
Aktuell zählt die Flotte der BLS 39 Züge des Typs MUTZ. Die Züge stehen seit 2012 im Einsatz. Mit jedem MUTZ werden pro Tag über 500 sichere Bremsvorgänge getätigt.