Der heutige Bahnhof in Jegenstorf wurde letztmals vor rund 20 Jahren grundlegend ausgebaut. Seither haben sich Angebot und Nachfrage deutlich verändert: Die Anzahl der Züge hat sich fast verdoppelt und auch die Frequenzen in Jegenstorf sind gewachsen. Nun steht der nächste Ausbauschritt bevor, damit der Regio Express zwischen Bern und Solothurn künftig mit 180 Meter langen Zügen verkehren kann. Dies bedeutet für die Fahrgäste eine um bis zu 50 % höhere Kapazität zu den Spitzenzeiten, bedingt jedoch nebst anderen baulichen Anpassungen auch längere Perrons an allen RE-Bahnhöfen, so auch in Jegenstorf.
Auf Basis dieser Ausgangslage hat der RBS gemeinsam mit dem Gemeinderat von Jegenstorf eine umfassende Standortevaluation vorgenommen, da der bestehende Bahnhofstandort aufgrund der dichten Bebauung nur beschränkt entwickelt werden kann. Aus den möglichen Lösungen wurden die zwei bestmöglichen Standortvarianten erarbeitet. Die eine Variante sah den Neubau des Bahnhofs auf der heute unbebauten Wiese zwischen dem Bahnübergang Kirchgasse und dem Parkplatz des VOI in leicht abgesenkter Form vor. Die andere Variante – für die sich der RBS und Gemeinderat schlussendlich entschieden haben – setzt auf einen Ausbau des Bahnhofes am heutigen Standort. Soweit die bisherige Ausgangslage.
Neue Erkenntnisse verändern Ausgangslage
Aktuell plant das Amt für öffentlichen Verkehr und Verkehrskoordination des Kantons Bern mit dem Projekt «S-Bahn 2040» den nächsten grösseren Entwicklungsschritt für die S-Bahn Bern. Dies als Grundlage für den nächsten nationalen Ausbauschritt der Bahnen, der durch den Bund geplant, beschlossen und finanziert wird.
Die vorliegenden Nachfrageprognosen des Kantons Bern rechnen für den Horizont 2040 mit einer weiteren Verkehrszunahme, insbesondere im Städteverkehr Bern – Solothurn, welche mit dem aktuell geplanten Angebot auf dem RE (15’-Takt mit bis zu 180 m langen Zügen) nicht genügend abgedeckt werden kann. Die konkrete Ausarbeitung eines neuen Angebotskonzepts erfolgt erst im Rahmen der nationalen Planungen unter Federführung des Bundes, voraussichtlich in den Jahren 2023 bis 2024.
Bereits heute kann jedoch davon ausgegangen werden, dass aufgrund der prognostizierten Nachfrage ein weiterer Angebotsausbau erforderlich wird. Der damit zusammenhängende Ausbaubedarf wird mit grosser Wahrscheinlichkeit in Jegenstorf ein drittes Gleis erfordern. Der Bau eines dritten Gleises ist am aktuellen Standort des Bahnhofes Jegenstorf aufgrund der dichten, teilweise denkmalgeschützten Bebauung jedoch ausgeschlossen.
Das sind die weiteren Schritte
Diese veränderte Ausgangslage, respektive aktuell noch fehlende Planungssicherheit, spricht derzeit gegen einen grosszügigen Ausbau des Bahnhofes Jegenstorf am bisherigen Standort. Nicht zuletzt sollen die zur Finanzierung des Ausbaus notwendigen öffentlichen Mittel zielorientiert und nachhaltig eingesetzt werden. Vor diesem Hintergrund hat der RBS in enger Abstimmung mit dem Kanton, dem Bund und der Gemeinde Jegenstorf folgendes Vorgehen definiert:
- Das sich aktuell in der Planungsphase befindende Projekt (Ausbau des Bahnhofs am bisherigen Standort) wird nicht als definitive Lösung, sondern als Provisorium weiterverfolgt. Da mit der Inbetriebnahme des neuen RBS-Bahnhofes Bern und der neuen Perronanlage in Solothurn das Angebot ausgebaut wird und längere Züge verkehren werden, müssen die Perronanlagen am Bahnhof Jegenstorf mit einem minimalen Standard auf 180 Meter ausgebaut werden. Daher die Perronanlagen werden entsprechend verlängert, das ehemalige Wendegleis beim Güterschopf wird entfernt, auf den Bau einer Personenunterführung und einer neuen P&R-Anlage wird vorerst verzichtet. Der geplante Ausbaustandard wird aber die Kundenbedürfnisse (z. B. Witterungsschutz, Perronzugänge) bestmöglich befriedigen.
- Sobald die Planungen von Bund und Kanton für die kommenden Ausbauschritte vorliegen, wird entschieden, wie eine definitive Bahnhofslösung für Jegenstorf aussieht und ob der Bahnhof am bestehenden Standort weiter ausgebaut oder ob ein Neubau erforderlich wird. Der Beschluss über das künftige Angebot, respektive dem daraus resultierenden Infrastrukturausbau, obliegt dem Bund. Bis dieser Entscheid fällt, wird in Jegenstorf voraussichtlich ein wohl längerfristiges Provisorium am bisherigen Standort – wie oben beschrieben – bestehen bleiben.
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