Eine Durchmesserlinie mit attraktiven Reisezeiten, Halbstundentakt im S-Bahn-Verkehr, Viertelstundentakt im Abschnitt Trogen-Teufen und optimalen Anschlüssen an die Intercity-Züge: Das sind die Ziele für das künftige Angebot der Appenzeller Bahnen (AB) zwischen Appenzell, St.Gallen und Trogen. Am Mittwoch, 29. September 2021 hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) den Behörden und Medien in Teufen dargelegt, welche Infrastrukturausbauten für dieses Angebot nötig und durch den Bund zu finanzieren sind. Bestätigt wurde unter anderem die Notwendigkeit der Doppelspur in Teufen.
Insgesamt 26 Varianten zum Ausbau der Bahnstrecke zwischen Appenzell, St. Gallen und Trogen liess das BAV im Rahmen einer Korridorstudie prüfen. Ziel ist eine Durchmesserlinie mit attraktiven Reisezeiten, Halbstundentakt im S-Bahn-Verkehr, Viertelstundentakt im Abschnitt Trogen-Teufen, optimalen Anschlüssen an die Intercity-Züge in St. Gallen, die Gleichbehandlung der beiden Äste Trogen und Appenzell sowie der Betrieb des Angebots mit unverändert elf Fahrzeugen durch die AB.
Bestätigung einer Doppelspur in Teufen
Einer der wichtigsten Befunde der Korridorstudie: Damit die AB das künftige Angebot mit Zeithorizont 2035 unter den genannten Rahmenbedingungen fahren können, ist eine Kreuzungsmöglichkeit im Raum Sternen/Stofel bis Bahnhof Teufen unabdingbar. Eine einspurige Streckenführung ist damit ausgeschlossen und in der Folge auch nicht bewilligungsfähig. Allein für den Abschnitt St. Gallen-Teufen-Gais-Appenzell liess das BAV aus diesem Grund 13 unterschiedliche Varianten prüfen – inklusive ein- und doppelspurige Tunnels. Wie bereits frühere Studien gezeigt hatten, erwies sich dabei die oberirdische Doppelspur zwischen Teufen und Stofel als jene Variante mit dem klar besten Kosten Nutzen-Verhältnis. Nur die oberirdische Doppelspur Stofel bis Bahnhof Teufen erfülle die Kriterien, die für eine Finanzierung des Bundes über den Bahninfrastrukturfonds massgebend seien, sagte Anna Barbara Remund, Vizedirektorin des BAV, anlässlich der Medienkonferenz. Ausbauten, welche über die Bestvariante «Doppelspur durch das Dorf» hinausgehen – etwa eine doppelspurige Tunnellösung, seien zwar baulich machbar, die dabei entstehenden Mehrkosten von mindestens 60 Millionen Franken müssten aber vollumfänglich durch Dritte im Rahmen einer Zusatzfinanzierung bezahlt werden.
Weiterer Ausbau der Infrastruktur notwendig
Auf dem Abschnitt St.Gallen-Trogen stehen ebenfalls Infrastrukturmassnahmen an. Dazu zählen ein Doppelspurabschnitt im Raum Notkersegg sowie eine Unterquerung der Vögelinsegg. Soweit hierzu keine noch zu prüfenden, verkehrlichen Alternativen möglich sind, werden diese Infrastrukturmassnahmen in einem nächsten Schritt vertieft beurteilt.
Korridorstudie ist bindend
Die Ergebnisse der Korridorstudie sind für die Appenzeller Bahnen verbindlich. Als nächstes werden die AB die Projektierung der Bestvariante vorantreiben mit dem Ziel, die Pläne im ersten Halbjahr 2022 öffentlich aufzulegen.
Stellungnahme Gemeinde Beurteilung des Gemeinderates zur Teufen: Ortsdurchfahrt |
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Das Bundesamt für Verkehr hat am 29. September 2021 im Lindensaal die Korridorstudie zur Durchmesserlinie Appenzell – St.Gallen – Trogen vorgestellt. Der Gemeinderat hat sich nun am 19. Oktober 2021 in einer ausserordentlichen Gemeinderatssitzung einerseits umfassend mit der Studie auseinandergesetzt und andererseits wurden im Speziellen die Konsequenzen für die Ortsdurchfahrt Teufen beleuchtet. Die Korridorstudie des Bundesamtes für Verkehr (BAV) sieht unmissverständlich die Doppelspur-Tramvariante als Vorzugsvariante vor. Die Appenzeller Bahnen AG sind angehalten, die Planung weiterzuführen und das Projekt dem BAV zur Einleitung des Genehmigungsverfahrens einzureichen. Der Gemeinderat hat die Studie eingehend analysiert und in einer Sondersitzung behandelt. Mit dem Instrument der Korridorstudie liegt eine umfassende Prüfung der insgesamt 18 Varianten auf dem gesamten Abschnitt Appenzell – Teufen – St. Gallen – Trogen vor. Unter Würdigung aller Aspekte ist für den Gemeinderat Teufen die Realisierung der Doppelspur die zielführende Lösung, die es zeitnah umzusetzen gilt. Die Studie hat die Notwendigkeit einer Kreuzungsstelle im Perimeter Bahnhof Teufen – Stofel/Sternen bestätigt. Eine einspurige Tunnellösung wäre technisch wohl machbar, doch hätte dies zur Folge, dass ab dem Tunnelportal Stofel bis zum Sternen wiederum eine Doppelspur erstellt werden müsste. Dies würde auf einer kurzen Distanz zwei Lichtsignalanlagen auf der Hauptstrasse erfordern, was zu unerwünschten Staus auf der Strasse führen würde. Die insgesamt daraus resultierenden Einschnitte auf Strasse und Bahn sind wie an der Informationsveranstaltung insbesondere von den kantonalen Vertretern dargelegt wurde, inakzeptabel, weshalb diese Variante nicht mitgetragen würde. Zudem müssten mehrere Liegenschaften abgebrochen werden. Das Gleiche gilt auch für einen Doppelspurtunnel, wobei hier noch zusätzlich erschwerend dazu käme, dass die Haltestelle Stofel nicht mehr bedient werden könnte, sprich aufgehoben werden müsste. Dies ist für den Gemeinderat nicht vorstellbar. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch die Mehrkosten gegenüber der Doppelspur-Tramvariante, welche von Dritten, sprich der Gemeinde Teufen, getragen werden müssten. Nebst den reinen Investitionsmehrkosten wären auch zusätzliche Betriebskosten zu berücksichtigen. Einen grossen Stellenwert in der gemeinderätlichen Beurteilung nimmt die Sicherheitsfrage ein. Es ist für den Gemeinderat zentral, eine möglichst optimale Sicherheit bieten zu können. Die heute nicht mehr den Sicherheitsnormen entsprechende Situation muss zeitnah bereinigt werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nebst den Bahndurchfahrten der Autoverkehr den weitaus grössten Teil der Durchfahrten verursacht. Unter Würdigung aller Aspekte ist für den Gemeinderat Teufen die Realisierung der Doppelspur die zielführende Lösung. Initiativen Wie mit dem Initiativkomitee abgesprochen hat sich der Gemeinderat nach Vorliegen der Korridorstudie mit der materiellen Prüfung der Volksinitiative für einen Bahntunnel zwischen Stofel und Sternen, welche mit 841 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist, befasst. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse erweist sich die materielle Beurteilung erneut als sehr komplex. Einerseits ist die einspurige Tunnelvariante wie bereits erwähnt technisch machbar, andererseits sind die Konsequenzen einer einspurigen Tunnelvariante neu und in der Initiative nicht berücksichtigt. Ebenfalls juristisch zu würdigen gilt es die Vereinbarkeit mit übergeordneten gesetzlichen Vorgaben. Der Gemeinderat hat daher beschlossen, für die materielle Prüfung der Initiative ein externes Gutachten einzuholen. Bei diesem Gutachten sind die Ergebnisse der Korridorstudie zu berücksichtigen. Neben der vorgenannten Initiative ist unverändert die Doppelspurinitiative von 2019 beim Bundesgericht rechtshängig. In diesem Verfahren geht es vorab um das im Kanton Appenzell Ausserrhoden praktizierte Verfahren bei einer Ungültigkeitserklärung. Des Weiteren sind dem Gemeinderat zwei Beschwerden – eine gegen die Unterzeichnung der Projektvereinbarung 2017 nach der Abstimmung zur Kurztunnelinitiative, welche von den Stimmberechtigten deutlich abgelehnt wurde und eine gegen die Absage der Abstimmung zum Tunnelprojektierungskredit – angezeigt worden. Der Gemeinderat hat sich von der Korridorstudie eine abschliessende Klärung der seit Jahrzehnten geführten Diskussionen rund um die Ortsdurchfahrt Teufen erhofft. Die politische Diskussion ist ein hoher Wert in unserer Gesellschaft. Dazu gehört auch die kontroverse Auseinandersetzung in Einzelthemen, das Abwägen von Vor- und Nachteilen. Für jede Lösung gibt es gute Argumente pro und contra. Mit der Korridorstudie liegt nun eine umfassende Entscheidungsgrundlage vor und der Gemeinderat Teufen hofft, dass eine Umsetzung akzeptiert und nicht mit juristischen Mitteln blockiert wird. Eine Verbesserung der heutigen Situation ist zwingend und muss zeitnah umgesetzt werden können. |
Stellungnahme IG Tüüfner Engpass: Tendenziöse Aussagen in der Korridorstudie |
Die Korridorstudie des Bundesamts für Verkehr scheint die Doppelspur durch das Dorfzentrum Teufen zu bestätigen. Um zu diesem Schluss zu gelangen, unterschlagen die Studienautoren aber etliche Fakten. Auf den ersten Blick scheint der Fall mit der Präsentation der sogenannten Korridorstudie, mit der das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Bahninfrastruktur zwischen Appenzell, St. Gallen und Trogen untersuchte, klar: Die Appenzeller Bahnen sollen künftig zweigleisig durchs Dorfzentrum Teufen fahren, «es gibt keine bessere Lösung». Die IG Tüüfner Engpass, die sich dezidiert gegen die Doppelspur wehrt, hat die Studie analysiert und ist dabei auf etliche Ungereimtheiten gestossen. Insbesondere auch zur vermeintlichen Kernaussage: Es gibt vielleicht keine bessere Lösung als eine Doppelspur – aber eben auch einige Varianten, die durchaus gleich gut sind. Diese Erkenntnis wurde bei der Präsentation elegant unterschlagen. Für die Korridorstudie wurden nur die Kriterien Fahrplan und Finanzen gewichtet, zuoberst stand die Kompatibilität mit Taktfahrplan-Anschlüssen in St. Gallen. Die Verkehrssicherheit in Teufen, der Schutz des Ortsbilds, die Erreichbarkeit von Läden und Gaststätten, oder generell die Lebensqualität im Dorf spielten für die Studienautoren keine Rolle. Das ist auch nicht weiter verwunderlich: Der Auftrag ging zufälligerweise an dieselbe Firma, die auch das Fahrplankonzept für die Appenzeller Bahnen ausgearbeitet hatte … Aus Sicht der Gemeinde Teufen muss man auch andere Sichtweisen einbeziehen. Noch 2010 liess der Gemeinderat verlauten, dass die Attraktivität und auch das Dorfleben von Teufen entsprechend zu gewichten seien; der Rat wolle für Teufen eine lokale, zukunftsorientierte Lösung, welche das Dorf nicht zusätzlich belastet. Der heutige Gemeinderat blendet nicht nur die legitimen Interessen der eigenen Bevölkerung aus, sondern verhindert bewusst eine demokratische Abstimmung über ein Jahrhundert-Bauwerk, das das Dorf total umkrempelt. Die IG Tüüfner Engpass aber gewichtet die Anliegen des Dorfes nach wie vor hoch. Abstimmung über Einspurtunnel In der Korridorstudie werden zahlreiche Varianten der Ortsdurchfahrt Teufen genauer beleuchtet, neben der Doppelspur im Dorfkern auch ein- und zweispurige Tunnellösungen. Aus Fahrplansicht zeigt sich, dass die heute geplante Doppelspur auch nur ein Kompromiss ist, denn eine ideale Kreuzungsstelle für die Züge der AB läge vor dem Dorfkern im Bereich zwischen Spar und der Haltestelle Stofel. Deshalb wäre ein einspuriger Tunnel mit einer unmittelbar anschliessenden Doppelspur zwischen Stofel und Sternen aus betrieblicher Sicht eine optimale Lösung. Allerdings wären Tunnel plus Doppelspur eine etwas kostspielige Lösung. Die IG Tüüfner Engpass hält nach der Analyse der Varianten in der Korridorstudie an der eigenen Forderung nach einem Einspurtunnel ohne anschliessende Doppelspur fest. Im Frühling 2021 hatte die IG eine Volksinitiative mit der Rekordzahl von 862 Unterschriften eingereicht, mit der Forderung, dass der Gemeinderat über einen Objektkredit für einen Bahntunnel zwischen Bahnhof Teufen und Stofel abstimmen lässt. Dies, nachdem der Gemeinderat die bereits 2019 eingereichte «Doppelspur Initiative» kurzerhand für ungültig erklärte. Gegen das undemokratische Abwürgen dieses Volksbegehrens hat sich die IG Tüüfner Engpass gewehrt, der Fall liegt zurzeit zur Beurteilung beim Bundesgericht. Finanziell tragbar Die Mehrkosten für einen einspurigen Tunnel sind für Teufen problemlos finanzierbar, wie die IG bereits detailliert aufgezeigt hatte. Diese Lösung ist aber auch aus betrieblicher Sicht ein absolut gangbarer Weg. Die vermeintlichen Nachteile der Tunnellösung sind für den Fahrplan minim: Statt Wartezeiten von den AB-Zügen von vier bis sechs Minuten zur vollen und halben Stunde beim Bahnhof St. Gallen könnten etwas längere Intervalle resultieren. Das ist durchaus vertretbar, denn nach Angaben der AB nutzen mehr als ein Drittel der Fahrgäste in St. Gallen verschiedene Bahnverbindungen, aber nur 5,4 Prozent die IC-Züge von und nach Zürich. Für die aktuellen und die erhofften zusätzlichen ÖV-Benutzerinnen und – Benutzer ist die Kompatibilität mit dem zukünftigen Vollknoten St. Gallen relevant – eine Tunnellösung in Teufen steht dem nicht im Wege. Mit dem geplanten Viertelstundentakt können die Standzeiten sogar verkürzt werden, ohne die Umsteigezeiten zu gefährden. Mit einem einspurigen Tunnel könnte vor allem auch die Verkehrssicherheit im Dorf sichergestellt werden, was ein wesentliches Kriterium sein muss. Bei anderen Abschnitten des untersuchten Bahnkorridors gilt das ja auch, es sei wichtig, «dass der öffentliche Verkehr auf eigener Spur (bzw. dann im Tunnel) Richtung St. Gallen ohne Behinderung fahren kann» hiess es etwa im Auflageprojekt für Ruckhaldetunnel und Riethüsli. Im Vögelinsegg wird inzwischen ein neues Tunnelprojekt für 65 Millionen Franken ins Auge gefasst, finanziert als Teil der Durchmesserlinie aus dem Bahninfrastrukturfonds, woher auch weitere 25 Millionen für Kreuzungsstellen Strahlholz und Eggli fliessen. Die Ortsdurchfahrt Teufen soll aus dem Sanierungstopf des BAV bezahlt werden, doch hier wird eine gute und sichere Lösung verhindert, selbst wenn die Gemeinde die Mehrkosten selbst tragen würde. BAV-Direktionsmitglied Anna-Barbara Remund sagte gerade im September nicht ohne Grund: «Eine Lösung ohne Bahn auf der Strasse ist immer sicherer als mit der Bahn.» Da ist die IG Tüüfner Engpass mit dem BAV völlig einig. |
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