Am 3. September 2020 wurde der Untersuchungsbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle zur Spartenrechnung der abgeltungsberechtigen Bereiche der BLS veröffentlicht. Er bescheinigt der BLS ein zu komplexes Rechnungswesen mit Verbesserungsbedarf. CEO Bernard Guillelmon legt die Umsetzung der bereits durch ihn und die Geschäftsleitung eingeleiteten Massnahmen in neue Hände.
Am 28. Februar 2020 hatte die BLS informiert, dass sie Verkäufe von Halbtax-Abos im Libero-Verbund über mehrere Jahre nicht budgetierte und dadurch zu hohe Abgeltungen von Bund und Kantonen für den Regionalen Personenverkehr (RPV) erhielt. Der Sachverhalt sollte durch ein unabhängiges Gutachten untersucht werden. Erste Ergebnisse der von der BLS in Auftrag gegebenen Untersuchung der Firma PwC liegen vor. Ebenfalls haben die Finanzdelegation des Bundes und die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) den Untersuchungsbericht zur Spartenrechnung in den abgeltungsberechtigten Bereichen veröffentlicht. Es zeigt sich, dass die Gelder zweckbestimmt im ÖV geblieben sind. Sämtliche Einnahmen waren in der Jahresrechnung jeweils korrekt enthalten, es wurden keine Dividenden ausgeschüttet und es hat keine persönliche Bereicherung stattgefunden. Die Rechnungen wurden vom Bund jeweils geprüft und ohne Beanstandung abgenommen.
Verbesserungsbedarf in den internen finanziellen Abläufen
Die BLS hat im Sinne einer vorsichtigen Unternehmensführung die erwarteten Kosten eher zu hoch und die erwarteten Erlöse zu niedrig geplant. Dies im Umfeld eines komplexen Finanzierungssystems im RPV, in welchem mehrere Jahre zwischen Planung und Leistung liegen. Die PwC-Untersuchung hat in diesem Zusammenhang ergeben, dass die BLS-Geschäftsleitung im Frühling 2017 in Kenntnis gesetzt wurde, dass die genannten Halbtaxerlöse nicht budgetiert wurden. Die Geschäftsleitung hat dies als betriebswirtschaftliche Risikominimierung akzeptiert, da Bund und Kantone die Finanzierung einzelner abgeltungsberechtigter Posten ablehnten.
Zudem lag vonseiten des BLS-Verwaltungsrates von 2011 bis 2018 ein jährliches Gewinnziel von 25 bis 30 Mio. Franken für die BLS-Gruppe vor. Die BLS erzielt den grössten Teil ihres Umsatzes im RPV. In diesem Geschäft können positive Ergebnisse grundsätzlich nur durch Planabweichungen erzielt werden, das heisst durch höhere Erträge oder niedrigere Kosten. Der VR und die Geschäftsleitung konzentrierten sich auf die Verbesserungen auf der Kostenseite durch Effizienzsteigerungen und Sparmassnahmen. Der PWC-Bericht stellt zwischen den Gewinnzielen des Verwaltungsrats und der Geschäftstätigkeit der BLS einen Zielkonflikt her.
Die EFK hat Verbesserungsbedarf bei den internen finanziellen Abläufen der BLS identifiziert. Das Rechnungswesen sei hochkomplexund dadurch nur zum Teil transparent. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der BLS, deren Geschäftsleitung bereits vor der Untersuchung wichtige Verbesserungsmassnahmen einleitete, welche in Umsetzung sind. Dazu gehören die komplette Überarbeitung des RPV-Offertprozesses zusammen mit Bund und Kantonen, die Neugestaltung der Kontrollprozesse sowie die Einführung adäquater IT-Systeme.
Bernard Guillelmon und die Geschäftsleitung haben Klärung vorangetrieben
CEO Bernard Guillelmon und sein Führungsteam haben die Aufarbeitung der Sachverhalte mit hoher Priorität eingeleitet und damit massgeblich zur Klärung der offenen Fragen beigetragen. Für Bernard Guillelmon ist mit der Veröffentlichung des EFK-Berichtes der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Umsetzung der von ihm vorangetriebenen Verbesserungsmassnahmen in neue Hände zu legen. Aus seiner Sicht braucht es für diese Aufgabe jetzt ein anderes Profil für die Funktion des CEO.
Der Verwaltungsratspräsident der BLS, Rudolf Stämpfli, dankt Bernard Guillelmon ausdrücklich für sein langjähriges und leidenschaftliches Engagement:
«Er hat die BLS während 12 Jahren in einem anspruchsvollen Umfeld mit unterschiedlichsten Interessen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu einem starken und innovativen Akteur im Schweizer ÖV gemacht. Dass er zurücktritt, zeigt seine Integrität und seine tiefe Verbundenheit zur BLS.»
Dirk Stahl übernimmt interimistisch
Der Verwaltungsrat der BLS hat entschieden, Dirk Stahl (54) ab November 2020 als CEO ad interim einzusetzen. Stahl führt die BLS Cargo AG und ist seit 2010 stellvertretender CEO der BLS AG. Bernard Guillelmon blieb bis Ende Oktober, um einen reibungslosen Übergang zu garantieren. Gleichzeitig hat der Verwaltungsrat eine Findungskommission für die Nachbesetzung des CEO-Postens bestimmt. Der Verwaltungsrat bekräftigt sein Vertrauen in die Geschäftsleitung und wird diese während der Übergangszeit eng begleiten und unterstützen.
Links
- Dr. Peter Füglistaler, Direktor Bundesamt für Verkehr: Korrekte Geschäftstätigkeit in subventionierten Bereichen
- Alliance SwissPass – Merci Bernard! – Der Präsident der Alliance SwissPass verlässt die Branchenorganisation
- Blick: Anzeigen gegen die VBL- und die BLS-Spitze
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