Am 3. Mai 2022 fand nach 3 Jahren endlich wieder das beliebte Forum Güterverkehr statt. Es trafen sich die wichtigsten Akteure und Vertreter aus der verladenden Wirtschaft aus ganz Europa, um ihr Fachwissen aufzufrischen und sich mit Kollegen unternehmensübergreifend auszutauschen. Die Chancen, den Schienengüterverkehr in einem gemeinsamen Anlauf für die Zukunft fit machen zu können, stehen gut!
Der Vormittag drehte sich um die Frage «Verkehrspolitik im grünen Rausch?». Gilles Peterhans, Secretary General der UIP erläuterte die verkehrspolitischen Themen auf europäischer Ebene. Malte Lawrenz, Vorsitzender des VPI Deutschland zeigte für Deutschland den verkehrspolitischen Rahmen auf, wie der Schiene Priorität eingeräumt werden soll und welcher Förderung es bedarf, um den Masterplan für den Schienengüterverkehr umsetzen zu können. Frank Petutschnig, Generalsekretär VPI Österreich, zeigte zum selben Thema die Situation in Österreich auf, wobei dort die Gesamtsicht des Güterverkehrs, nämlich eine möglichst effiziente Wahl des Verkehrsträgers hinsichtlich Energiebedarfs pro Tonnen, im Fokus steht. Désirée Baer, CEO SBB Cargo, ergänzte mit ihrem Referat die Sachlage des verkehrspolitischen Rahmens in der Schweiz und stellte die Interessensgesellschaft Wagenladungsverkehr (IG WLV), der Plattform zur Kooperation für Bahnen und Verlader vor.
In der anschliessenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass die Weichen für die Zukunft des Schienengüterverkehrs auf Innovation gestellt sind und es im nächsten Schritt zu definieren gilt, wie die Investitionen finanziert werden. Klar wurde, dass die Neuerungen alle Akteure betreffen und somit ein kollaborativer Ansatz der richtige Weg ist. Kooperation und Wettbewerb – oder auch Coopetition – sind zwei weitere Schlagwörter, die nicht nur bei den Schienenakteuren erwünscht sind, sondern auch im Zusammenspiel von Schiene und Strasse.
Der Nachmittag gliederte sich in die zwei spannenden Schlüsselthemen «Innovationen & mögliche Umsetzung» und «Digitalisierung mit konkreten Massnahmen». Jürg Lütscher, fachkundig für Innovation und Regulation beim VAP, sprach über die Automatisierung des Schienengüterverkehrs in der Schweiz. Er betonte, wie wichtig die Optimierung der Prozesse und Schnittstellen in Zuge von Innovation ist, der sogenannten Interoperabilität. Ralf Marxen, Head of External Technical Affairs bei der Deutsche Bahn AG referierte über den Weg zum intelligenten Güterzug: «Von Shift2Rail zu Europe’s Rail». Er zeigte wichtige Meilensteine zur Innovation auf, wobei die Digitale Automatische Kupplung (DAK) die Schlüsselfunktion für die Digitalisierung einnimmt und zum Beispiel automatisierte Vorgänge und Monitoring, wie auch eine punktgenaue Kundenkommunikation ermöglicht und damit den Service-Level des Transports von Gütern auf der Schiene um ein Vielfaches anhebt. Stefan Hagenlocher, Geschäftsführer HWH und Projektleiter TIS, der live über Videokanal zugeschaltet wurde, zeigte auf, was der Technische In-novationskreis Schienengüterverkehr (TIS) für einen digitalen und wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr voraussetzt. Er kommunizierte klar, dass es ohne DAK keine vollständige Automatisierung des Schienengüterverkehrs geben wird und eine Standardisierung der technischen Aspekte sowie eine abgestimmte Migrationsstrategie unerlässlich sind.
Die beiden Wagenvermieter Niko Davids, Chief Digital Officer, VTG AG, und Christoph Becker, Leiter ECM II und Sicherheitsmanagement bei Wascosa AG, zeigten ihre Digitalisierungsstrategien zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs auf. Auch ihre Botschaft – zumal die beiden
Konkurrenten mit ihrem gemeinsamen Auftritt schon ein Zeichen setzten: «Collaboration und Coopetition: Digitalisierung ist kein Vorhaben eines Einzelnen! Nur durch aktive und offene Zusammenarbeit wird ein Nutzen für den Sektor entstehen!»
Jörg Bisang, Leiter Produktmanagement ZKE, beeindruckte mit den schon heutigen Möglichkeiten, welche die Digitalisierung der technischen Fahrzeugkontrolle mit «Wayside Intelligence» bringt, und forderte EVUs und Wagenhalter auf, diese Möglichkeiten zu nutzen.
In der abschliessenden Podiumsdiskussion wurde dann auch deutlich, dass sich alle gemeinsam auf die Migration der DAK fokussieren wollen, im Sinne einer interoperablen Innovation. Diese Zusammenarbeit betrifft das Gesamtsystem Bahn, deshalb gilt es, nicht als Wettbewerber zusammen daran zu arbeiten, sondern als Innovationsteam, welche sich über ihre Zielvorstellungen austauschen. Schnelle und mutige Entscheidungen können eine effiziente Umsetzung ermöglichen.
Wir blicken auf ein erfolgreiches Forum Güterverkehr zurück, bei dem es alle genossen haben, sich endlich wieder in der «realen Welt» treffen und austauschen zu können.
Wie nie zuvor stehen die Akteure der verladenden Wirtschaft geschlossen für den Fortschritt. Es ist beeindruckend, wie die verschiedenen Player sich über ganz Europa vernetzt für die Digitalisierung entscheiden und diesen Hebel gemeinsam betätigen wollen, um den Schienengüterverkehr für die Zukunft fit zu machen. Das Motto ist Collaboration und Coopetition, welches auch wir vom VAP Verband der verladenden Wirtschaft unterstützen.
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