Verkehrsdrehscheiben helfen, das Umsteigen vom einen Verkehrsmittel zum andern zu optimieren. Doch solche Drehscheiben sind noch mehr, zeigt das neue Heft «Forum Raumentwicklung»: Sie weisen eine besondere städtebauliche Gestaltung und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten auf.
Eine Brache an einem Bahnhof an der Stadtperipherie, ein paar ausgeschilderte Parkplätze – fertig war die Park-and-Ride-Anlage der Siebziger- und Achtzigerjahre. Das Instrument, um vor allem Pendlerinnen und Pendler zum teilweisen Umsteigen vom Auto auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen, war zwar vielerorts erfolgreich. Doch heute genügt diese minimale Infrastruktur nur noch in Ausnahmefällen. Immer wichtiger werden Verkehrsdrehscheiben. Sie offerieren eine vielfältige Auswahl an Möglichkeiten, also neben den herkömmlichen Verkehrsmitteln beispielsweise auch Car- oder Bike-Sharing. Darüber hinaus sind Verkehrsdrehscheiben ideale Orte zur Konzentration der Siedlungsentwicklung und tragen dazu bei, die Erreichbarkeit der städtischen Räume sicherzustellen, wie die jüngste Ausgabe der Zeitschrift «Forum Raumentwicklung» des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) zeigt.
Koordinierte Unterstützung geplant
Verkehrsdrehscheiben sollen nicht zufällig entstehen, sondern bewusst geplant und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden. Seit Anfang 2020 bereiten deshalb Bund, Kantone, Städte und Gemeinden gemeinsam ein Programm vor. Ziel ist es, die Planung und Umsetzung von attraktiven Umsteigepunkten zugunsten der kombinierten Mobilität voranzubringen. Das Programm soll rund zwanzig Massnahmen umfassen, die in den nächsten vier Jahren verwirklicht werden sollen. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) schafft die notwendigen strategischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür, finanziert im Rahmen seiner Infrastrukturprogramme einzelne Projekte mit und begleitet die Städte und Kantone auf fachlicher Ebene. Der Leitartikel stellt den aktuellen Stand des Programms vor und erklärt, wie mit der Bündelung der Ressourcen der verschiedenen Staatsebenen Verkehrsdrehscheiben optimal gefördert werden können.
Übergang Stadt-Land ist zentral
Im Doppelinterview äussern sich zwei Experten zum Thema Verkehrsdrehscheiben. Paul Schneeberger, Leiter Verkehrspolitik des Städteverbands, sieht das Aktionsprogramm auch als Chance, die einzelnen Verkehrsträger nutzbringender zu fördern:
«Bisher wurden Strasse und Schiene meist nebeneinander entwickelt statt miteinander»
, so seine Kritik.
Etwas zurückhaltender ist Peter Goetschi, Zentralpräsident des Touring Clubs Schweiz und ruft dazu auf, die Autos nicht zu verteufeln. Die Übergänge könnten nicht scharf auf Verkehrsträger beschränkt werden, sondern müssten fliessend bleiben.
Kantone und Firmen machen es vor
Verkehrsdrehscheiben haben sich vielerorts schon seit Jahren bewährt, erhalten jetzt aber eine neue Dynamik. Der bevölkerungsmässig stark wachsende Kanton Waadt etwa will in den nächsten Jahren das Angebot des öffentlichen Verkehrs um 30 Prozent steigern, wie ein Beitrag zeigt. Seit Sommer 2019 unterstützt der Kanton deshalb fachlich und finanziell die Einrichtung solcher Schnittstellen. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Umgestaltung der regionalen Busplattformen, verbesserten Anschlüssen zwischen dem Bus- und Schienennetz, mehr Parkplätzen für Zweiräder und der Entwicklung von Park-and-Ride-Anlagen. Auch Konzerne wissen die Vorteile des kombinierten Verkehrs zu schätzen – und fördern diesen aktiv. Roche etwa beschreibt, wie das Unternehmen seit 2011 an den Standorten Basel und Kaiseraugst in enger Kooperation mit den Kantonen, Verkehrsbetrieben und privaten Firmen dafür sorgt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Mobilitätsangebote einfacher, gezielter und flexibler nutzen können.
Gute Beispiele aus dem Ausland Auf die Wirkung gut funktionierender Verkehrsdrehscheiben setzt man auch im europäischen Ausland, wie gleich drei Beiträge illustrieren. In Frankreich etwa erhalten die Bahnhöfe als Umsteigeplattform eine neue Priorität, wobei ein stärkeres Augenmerk auf die Bedürfnisse der Fussgängerinnen und Fussgänger gelegt wird. Ein Autorenduo der Universität Aalborg in Dänemark wiederum setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich Planung, Architektur und Verkehr zu einem einheitlichen und interdisziplinären Mobilitätsdesign verknüpfen lassen. Aus Nordholland schliesslich kommt der Bericht «Macht Platz! Arbeiten zur Entwicklung von Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs». Wie in der Schweiz wird auch in Nordholland deutlich, dass Verkehrsdrehscheiben nur überregional entwickelt werden sollen. Damit stellt man sicher, dass sich Knotenpunkte und Verkehrsangebote nicht konkurrenzieren, sondern sinnvoll ergänzen.
Forum Raumentwicklung Nr. 1-20: «Vernetzte Mobilität – Raum, Technologie und Verhalten» kann schriftlich beim BBL, 3003 Bern, zum Preis von Fr. 10.– inkl. MWST (Jahresabonnement: Fr. 20.00 inkl. MWST) bestellt werden. Das Heft steht kostenlos im PDF-Format zur Verfügung. Abdruck einzelner Artikel mit Quellenangabe erwünscht. |
Links
MeinungEigene Meinung zum Thema?Jetzt kommentieren |