Durchgangsbahnhof Luzern: Grossprojekt erreicht Meilenstein

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 31. Mai 2023 veröffentlicht.

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Die SBB hat das Vorprojekt für den Durchgangsbahnhof Luzern im Frühling 2023 abgeschlossen. Anlässlich dieses Meilensteins im Projektablauf gibt die SBB gemeinsam mit Bund, Kanton und Stadt Luzern einen Einblick in die Planungsarbeiten und informiert über das weitere Vorgehen. 

Der Durchgangsbahnhof Luzern soll mit neuen, unterirdischen Zufahrten und einem Tiefbahnhof Engpässe im Bahnknoten Luzern beheben. Das Projekt, das sich in der Planungsphase befindet, soll Kapazitäten im heute voll ausgelasteten Bahnsystem schaffen und damit in Zukunft neue, direktere und schnellere Bahnverbindungen ermöglichen.

«Mit dem Tiefbahnhof und den neuen, unterirdischen Zufahrten wird die Erreichbarkeit und die Attraktivität der Zentralschweiz verbessert»

, so Massimo Guglielmetti, SBB Gesamtprojektleiter Durchgangsbahnhof Luzern.

«Ohne Infrastrukturausbau ist eine Weiterentwicklung des Bahnangebots in Luzern nicht mehr möglich.» 

Im Vorprojekt legt die SBB die technische Machbarkeit des Grossprojekts dar, das aus den Teilprojekten Tiefbahnhof, Dreilindentunnel und Neustadttunnel besteht: 

  • Mit dem Tiefbahnhof wird unterhalb des bestehenden Bahnhofs eine insgesamt 44 Meter breite Perronhalle für vier Gleise gebaut. Dies schafft mehr Platz am Bahnhof Luzern, der aktuell täglich von rund 100 000 Passagieren benutzt wird. 
  • Mit dem 3,8 Kilometer langen Dreilindentunnel wird eine unterirdische, direkte Linie von Ebikon nach Luzern geschaffen, die auf einer Länge von 400 Metern das Seebecken unterquert. Diese zweite Zufahrt behebt die Engpasssituation im Bahnnetz und ermöglicht häufigere und schnellere Zugverbindungen. 
  • Mit dem 2,1 Kilometer langen Neustadttunnel wird der Tiefbahnhof an die bestehende Zufahrt angeschlossen. Dies ermöglicht durchgehende Verbindungen und macht das Wenden einer Mehrheit der Züge im Kopfbahnhof Luzern überflüssig. 
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Die drei Teile des Projekts Durchgangsbahnhof Luzern in der Übersicht. / Quelle: SBB CFF FFS

Damit das geplante verbesserte Angebot für die ganze Zentralschweiz einen Nutzen bringen kann, muss auch die Bahninfrastruktur im Einzugsgebiet punktuell erweitert werden. Zudem sind Abstellanlagen ausserhalb des Bahnhofs Luzern notwendig, um Züge über Nacht und ausserhalb der Spitzenzeiten parkieren zu können. 

Absenktunnel unter dem Seebecken 

Neu ist im Vergleich zu vorgängigen Planungen für die Unterquerung des Seebeckens ein Absenktunnel vorgesehen. Dabei werden fünf vorgefertigte Elemente der Tunnelröhre in den Grund des Vierwaldstättersees abgesenkt. Dadurch ist es nicht nötig, das Seebecken abschnittweise trocken zu legen. Umwelt und Landschaft werden weniger beeinträchtigt. Dieses Bauverfahren wurde in der Schweiz bisher noch nie angewendet.  

Die Kosten für die drei Projektteile Tiefbahnhof, Dreilinden- und Neustadttunnel werden auf 3,3 Milliarden Franken geschätzt. Für die Realisierung rechnet die SBB mit 11 bis 13 Jahren Bauzeit. 

Zusätzliche Studien zum weiteren Vorgehen 

Die SBB klärt nun im Auftrag des Bundesamtes für Verkehr (BAV) mögliche Realisierungsabfolgen für das Grossprojekt ab. Die Ergebnisse sollen bis Ende 2023 vorliegen. Dann wird über die nächsten Projektschritte entschieden.

«Alle Arbeiten laufen nach Plan. Ich bin überzeugt, dass der Bundesrat dem Parlament 2026 ein gut studiertes und weit fortgeschrittenes Projekt wird vorlegen können»

, sagte Anna Barbara Remund, BAV-Vizedirektorin und Leiterin der Abteilung Infrastruktur, vor den Medien in Luzern.

Über die Umsetzung entscheidet letztlich das Bundesparlament. 

Grosse Bedeutung für Luzern und die Zentralschweiz 

Der Ausbau des Bahnknotens Luzern ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte der Region.

«Die Zentralschweiz wartet bereits seit 50 Jahren auf die dringend notwendigen Ausbauten der Infrastrukturen am Knoten Luzern und in Richtung Zürich»

, hielt Regierungsrat Fabian Peter, Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor und Präsident der Zentralschweizer öV-Direktoren, fest.

«Ein attraktives Angebot im öffentlichen Verkehr ist entscheidend, damit wir das Mobilitätswachstum überhaupt bewältigen und nachhaltig abwickeln können»

, sagte Fabian Peter.

«Damit der Durchgangsbahnhof seinen vollen Nutzen entfalten kann, erwartet die Zentralschweiz die Realisierung und Finanzierung aus einem Guss.» 

Für die Stadt Luzern wird sich die Möglichkeit ergeben, den Raum um den Bahnhof attraktiv zu gestalten, den Bahnhof besser zugänglich zu machen und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.

«Die Stadt wird sich auch dafür einsetzen, dass die über zehnjährige Bauzeit möglichst stadtverträglich gestaltet wird»

, sagte Stadträtin Manuela Jost, Baudirektorin.

«Auch während dieser Zeit müssen Freiräume erhalten und das Stadtzentrum erreichbar bleiben.» 

Die SBB plant den Durchgangsbahnhof im Auftrag des Bundesamts für Verkehr. Sie arbeitet mit Kanton und Stadt Luzern, der Zentralbahn, dem Verkehrsverbund Luzern sowie den Kantonen Obwalden und Nidwalden zusammen und bezieht den Gemeindeverband Luzern Plus mit ein. 

Stellungnahme Pro Bahn Zentralschweiz vom 23. Juni 2023: Durchgangsbahnhof Luzern – kommt er oder kommt er nicht?
Ende Mai hat die Bauherrschaft (SBB), der Besteller (Bundesamt für Verkehr BAV) und die direkt betroffenen politischen Körperschaften (Kanton und Stadt Luzern) über den aktuellen Planungsstand beim Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) informiert.
 
Die guten Nachrichten:

– das Jahrhundertbauwerk mit Tiefbahnhof und zwei Tunnels – allesamt in heiklem bis sehr schwierigem Untergrund – ist technisch sicher realisierbar.
– Für das Angebot und die Attraktivität des Bahnhof Luzern ist es ein veritabler Quantensprung.

Die schlechten Nachrichten:

– das Preisschild liegt für die drei Hauptelemente bei insgesamt 3.3 Milliarden, hinzu kommen die Kosten für die zwingend nötigen Massnahmen auf den Zufahrtsstrecken und die Abstellanlage in Dierikon. Das ist deutlich mehr als bisher angenommen.
– Das BAV will aus finanziellen Gründen eine Etappierung für dieses Projekt, das seine Wirkung nur als Ganzes entfalten kann.
– Ob der DBL – auch in einer ersten Etappe – überhaupt kommt, ist unsicher. Die Vizedirektorin des BAV musste an der Medienkonferenz auf hartnäckiges Nachfragen hin einräumen, dass völlig offen ist, was der Bundesrat in seiner Botschaft 2026 vorschlagen wird.
– Die erste Etappe könnte bei optimaler Abwicklung frühestens 2041, eher 2043 in Betrieb gehen.
Pro Bahn Zentralschweiz setzt sich seit längerem für eine möglichst rasche, integrale Realisierung des ganzen Durchgangsbahnhofes Luzern (DBL) samt allen flankierenden Massnahmen ein.
 
Nach der Medienkonferenz vom 31. Mai 2023 machen wir uns grosse Sorgen, dass der DBL im politischen Spiel von regionalen Interessen zerrieben wird.
 
Es ist überhaupt nicht sicher, ob der Bundesrat in seiner Botschaft 2026 zum weiteren Ausbau der Bahninfrastruktur wenigstens eine erste Etappe des DBL vorschlagen wird. Auf mehrfaches Nachfragen räumte die Vizedirektorin des Bundesamtes für Verkehr, Anna Barbara Remund, an der Medienkonferenz ein, dass offen ist, was in der Botschaft 2026 stehen wird. Dies entgegen dem, was auf ihrer Präsentationsfolie stand. Die Botschaft des BAV, dass der DBL auf Kurs sei, trifft in Bezug auf die Beschlusslage im Bundesrat leider nicht zu!
 
Für eine Etappierung beim DBL gibt es nur zwei Varianten: Tiefbahnhof und Dreilindentunnel oder Tiefbahnhof und Neustadttunnel. Gemäss SBB kosten beide Varianten je 2.3 Milliarden, plus flankierende Massnahmen. Eine zweite Etappe kostet bei beiden Varianten 1 Milliarde. Wir bezweifeln ernsthaft, ob eine solche Etappierung die Chancen des DBL für die Aufnahme in den nächsten Ausbauschritt wirklich erhöht.
 
Der DBL entfaltet seine grosse Wirkung in Bezug auf Kapazität, Reisezeiten und Regionalverkehr nur als Ganzes. Hier wünschten wir uns eine ambitioniertere Politik des Kanton Luzerns mit klaren Zielen und Massnahmen für eine massive Erhöhung des modal split zugunsten der Eisenbahn, dem klimafreundlichsten Verkehrsmittel für mittlere und länger Distanzen. Wir erwarten vom Kanton, dass er ein entsprechendes Angebotskonzept mit integralem DBL so schnell wie möglich vorlegt. Denn nur mit einem ausgewiesenen grossen Nutzen rechtfertigt das Bauwerk die grossen Investitionen.
 
Kommt hinzu, dass eine Gesamtsicht auf die Linie Zürich-Zug-Luzern nötig ist. Der Zimmerberg Basistunnel II (ZBT II) dürfte um 2037 in Betrieb genommen werden. Das wird bezüglich Angebot und Reisezeit ein Quantensprung für Zürich-Zug-Rotkreuz sein. Der ZBT II ist auch notwendig für den Quantensprung bis weiter nach Luzern. Notwendig, aber nicht hinreichend – dazu braucht es eben auch den DBL. Die beiden Projekte sind komplementäre Projekte auf einer der grossen Eisenbahn-Hauptarterien in der Schweiz. Pro Bahn Zentralschweiz ist erstaunt, dass diesem Aspekt nicht das nötige Gewicht gegeben wird.
 
Was an der Medienkonferenz auch klar wurde: angesichts der Grössenordnung der notwendigen Bahnausbauten treten die Schwächen von FABI (Finanzierung Ausbau Bahninfrastruktur) mit seinen vier- oder achtjährlichen Ausbauschritten ohne strategisches Gesamtkonzept schonungslos zutage.
Die fünf grössten in der BAV-Präsentation aufgeführten Ausbauprojekte [siehe Präsentation, Seite 29] schlagen nämlich mit insgesamt mindestens 20 Milliarden Franken zu Buche. In das FABI-Korsett zwängen lässt sich das nur mit einer Etappierung, die bisher gar nie vorgesehen war.

Wie wenig Sinn das macht, zeigt sich daran, dass gemäss Präsentation BAV für die mit 7.5 Milliarden veranschlagte Neubaustrecke Altstetten-Aarau in der Botschaft 2026 eine «erste Etappe» vorgeschlagen werden soll. Was soll bei diesem Projekt etappiert werden?
 
Der Bund muss nun dringend ein ambitioniertes Gesamtkonzept für eine Bahn 2050 erarbeiten und vorlegen, den Auftrag dafür hat er kürzlich vom Parlament bekommen (Motion Verkehrskreuz Schweiz). Pro Bahn Zentralschweiz ist überzeugt, dass innerhalb eines solchen Gesamtkonzeptes der Nutzen und die Notwendigkeit eines Durchgangsbahnhofes noch besser sichtbar wird. Es darf nicht sein, dass regionale und/oder politische Allianzen den Ausbau des schweizerischen Bahnnetzes bestimmen.
 
Der nächste Meilenstein für das Projekt wird übrigens die Phasenfreigabe durch das BAV für die Erarbeitung des Auflageprojektes sein. Gemäss kommuniziertem Zeitplan soll das Mitte 2024 der Fall sein. Wir sind gespannt.

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6 Kommentare

  1. Für die Stadt und Region Luzern eine einmalige Chance. Ich hoffe, dass SBB, BAV und die Stadt Luzern aus dem Lausanne-Debakel die Lehren gezogen haben und das Projekt auf guten Bahnen bis zur Realisierung durchziehen.

    • Hoffentlich kommt dieser Durchgangsbahnhof nie, ausser wir wollen ein neues Stuttgart 21. Es gibt günstigere, schneller realisierbare und städtebaulich bessere Alternativen. Es ist unsinnig, das Zentrum mit neuem Verkehr so zu belasten.

  2. …..liefert das einzuschlagende – FATALE ! – Prozedere:

    Öffne Engpässe – und sie werden sich ganz einfach an die nächste Stelle verschieben in der resultierenden betrieblichen Problematik-Hierarchie……was dem Fass schlicht ein weiteres Brettchen aus dem Boden schlägt……

    Der OeV gebärdet sich diesbezüglich bereits mindestens so jenseitig wie der Individualverkehr und hat längst den akzeptablen alternativen Transportanspruch anzubieten verloren!

  3. …für 3,3 MILLIARDEN…….!

    Meter-Preis gefällig?

    Langsam aber sicher gehen sämtliche Proportionen verloren! Habt`s ihr noch alle ?

  4. Der Durchgangsbahnhof ist ein Desaster
     
    Vor 14 Jahren war ich für den Durchgangsbahnhof, weil er neue Haltestellen ermöglichen soll. Damit sollte direkt aus- und umgestiegen werden können – die unnötigen Umfahrtwege über den Bahnhof fielen weg. Wie viele neue Haltestellen hat der offizielle Durchgangsbahnhof nun? Null!
     
    Torbogen weg, Parking grossteils weg, Busverkehr über Tribschenstadt, verteilte Busstationen, Schiffsanlegestellen-unbrauchbar, 12 Jahre Chaos und wenig Nutzen – das wird ein Desaster.
    Robert Knobel LZ schrieb am 27.5., der Kanton habe über 30 Varianten geprüft. Leider wurden nur 6 Varianten vertieft geprüft und 24 lapidar ausgeschieden mit knapp einem Satz, wie – «da sie zu asymmetrischen Fahrplänen führt.» Der bezahlte und begleitete Gefälligkeitsgutachter verstand die meisten Alternativen nicht und das Potential von Verbesserungen. Der Bericht datiert von Jan. 2015. In den letzten 9,5 Jahren wurden mehrere Varianten verbessert und kommen heute günstiger, umweltschonender und zukunftsträchtiger daher. Wer will, informiert sich über Alternativen zum offiziellen Durchgangsbahnhof, der ein Desaster ist.
    Luzern wird zum neuen Stuttgart 21!

    Philipp Federer, Kriens und ehemaliges Mitglied der städtischen Verkehrskommission
     
     

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