Bei der Planung von Bahntunnels wirkt sich der projektierte Querschnitt stark auf Kosten und Energieverbrauch aus – sowohl in der Bauphase wie auch im Betrieb. Das BAV hat ein Berechnungstool entwickelt, das Fachleuten des Ingenieur- und Planerwesens hilft, den projektierten Querschnitt zu überprüfen, damit dieser möglichst optimal ausgestaltet werden kann.
In den kommenden Jahren werden in der Schweiz bedeutende neue Eisenbahn-Tunnelprojekte in Angriff genommen, beispielsweise der Brüttenertunnel oder der Zimmerberg-Basistunnel II. Angesichts der Investitionssummen von mehreren Milliarden Franken kommt jedem Projektentscheid erhebliche Bedeutung zu. Das gilt in besonderem Masse für die Festlegung des Tunnelquerschnitts.
Aus Sicht des künftigen Betriebs ist eher ein grosser Tunnel-Querschnitt sinnvoll. Denn in hohen und breiten Tunnels ist der Luftwiderstand, den ein Zug überwinden muss, geringer und die benötigte Traktionsenergie entsprechend kleiner. Aus Bau-Sicht hingegen drängt sich ein kleinerer Querschnitt auf, weil der Bedarf an Baustoffen und daher auch die Erstellungskosten geringer sind.
Daneben gibt es weitere Faktoren, die für den Entscheid über den Tunnelquerschnitt wichtig sein können: Der Energieverbrauch in der Bauphase ist relevant, ebenso sind die Treibhausgasemissionen zu berücksichtigen. Für die Betriebsphase sind unter andrem die Länge des Tunnels, die Verkehrsarten (Personen- oder Güterverkehr) und die Geschwindigkeit der Züge in den Entscheid einzubeziehen.
Bis anhin existierte keine wissenschaftlich anerkannte Methode, um diese verschiedenen Faktoren in die Entscheidfindung einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen – mit dem Ziel, den Querschnitt zu prüfen und die bestmögliche Variante zu wählen. Das BAV hat diese Lücke nun gefüllt. Seit Mitte Juni 2023 steht auf der Webseite des BAV ein Berechnungstool zur Verfügung. Es dient Ingenieuren und Ingenieurinnen dazu, in der Planungs- und Projektierungsphase das Optimum für den Querschnitt eines Tunnels zu ermitteln. Nebst den Kosten und dem Energieverbrauch berücksichtigt das Tool insbesondere die Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus. Eine Unbekannte bleibt die Entwicklung der Kosten für Energie und Treibhausgasemissionen während der rund 100-jährigen Lebensdauer.
Die ersten Ergebnisse, welche die Experten des BAV aufgrund von realen Kosten- und Energiedaten aus fünf Tunnelprojekten mit unterschiedlicher Spurzahl und Bauweise ermittelt haben, sind aufschlussreich: Sie zeigen, dass aus Sicht der Kosten die Bauphase klar dominierend ist. Energiekosten und Treibhausgasemissionen tragen aufgrund ihres verhältnismässig geringen Preisniveaus nur wenig bei. Erst bei deutlich höheren Strompreisen (> 30 Rp/kWh) prägen die Energiekosten die Gesamtkosten. Die Folgerung daraus: In der Regel ist heute der kleinste normkonforme Querschnitt der ökonomisch optimale. Aus Sicht Energieverbrauch ist hingegen ein grösserer Querschnitt zu bevorzugen, da hier die Betriebsphase dominiert.
Bereits hatte das Tool des BAV einen Einfluss auf ein konkretes Projekt: Der sogenannte freie Querschnitt der zwei einspurigen Tunnelröhren des Zimmerberg-Basistunnels II wurde von ursprünglich 54 auf 42 Quadratmeter gesenkt – mit entsprechend positiven Auswirkungen auch auf die Kosten.
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