Die BLS und die Verkehrsbetriebe Luzern AG (VBL) haben Bund und Kantone als Besteller des öffentlichen Verkehrs getäuscht und zu hohe Subventionen erwirkt. Die Besteller fordern dieses Geld zurück. Zudem hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) nun Strafanzeige bei den kantonalen Staatsanwaltschaften eingereicht.
Am 20. November 2020 hat die Stadt Luzern einen Untersuchungsbericht zur Geschäftstätigkeit der Verkehrsbetriebe Luzern AG (VBL) im subventionierten Orts- und Regionalverkehr veröffentlicht. Dieser zeigt, dass die Verantwortlichen der Luzerner Verkehrsbetriebe seit 2010 im subventionierten öV Gewinne erzielten und diese gegenüber den Bestellern nicht auswiesen. Bei der BLS hat eine andere Untersuchung gezeigt, dass die Geschäftsleitung gegenüber Bund und Kantonen seit mehreren Jahren bewusst nicht alle Einnahmen im «Libero»-Tarifverbund offengelegt hat. Beide Unternehmen bezogen in der Folge zu viel Subventionen. In Absprache mit den öV-Verantwortlichen der Kantone Bern und Luzern reicht das BAV Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen der BLS und der Verkehrsbetriebe Luzern AG ein. Als Tatbestand steht in beiden Fällen Betrug im Vordergrund. Die Anzeigen werden bei den Staatsanwaltschaften der Kantone Bern und Luzern eingereicht. Zudem fordern Bund und Kantone bzw. der Verkehrsverbund Luzern die überhöhten Subventionsbezüge samt Strafzinsen zurück. Entsprechende Vereinbarungen sind unter Federführung der Kantone in Erarbeitung. Weiter hat das BAV die eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde gebeten, zu prüfen, ob die Revisionsstellen der BLS und der VBL ihre Pflichten in den vergangenen Jahren genügend wahrgenommen haben.
BLS nimmt PwC-Bericht zur Kenntnis |
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Die vom BLS-Verwaltungsrat in Auftrag gegebene Untersuchung der Firma PwC ist abgeschlossen. Der Fokus lag dabei auf den Verkäufen von Halbtax-Abos im Libero-Verbund, die über mehrere Jahre nicht vollumfänglich budgetiert wurden. Die BLS nimmt die Ergebnisse zur Kenntnis und führt die bereits eingeleiteten Optimierungsmassnahmen fort. Sie wird die anstehende strafrechtliche Aufarbeitung unterstützen. Seit kurzem liegt der Untersuchungsbericht der Firma PwC zu den nicht vollumfänglich budgetierten Halbtax-Erlösen zwischen 2011 und 2018 in seiner Vollständigkeit vor. Die BLS publizierte eine Zusammenfassung des Berichts, der im Frühling 2020 vom Verwaltungsrat der BLS in Auftrag gegeben wurde. Er hatte zum Ziel, allfällige Lücken in der Unternehmensführung bezüglich des Sachverhaltes offenzulegen. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus konnte die BLS bereits am 4. September 2020 erläutern, als auch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ihren Bericht veröffentlichte. Relevante Erkenntnisse Die finalen Ergebnisse decken sich mehrheitlich mit den Analysen der BLS. Neu ist die Erkenntnis, dass die mit den Ertragsschätzungen beauftragte Abteilung seit 2013 von nicht eingerechneten Halbtax-Erlösen gewusst zu haben scheint. Die Geschäftsleitung wurde im Sommer 2019 aktiv und beauftragte die Bereiche mit der Aufklärung und der Erarbeitung von Verbesserungsmassnahmen. Im Herbst 2019 bündelte sie ihre Aktivitäten zu diesem Zweck in einer Task Force. Die Kritikpunkte der EFK und von PwC zu den mangelhaften Kontroll- und Überwachungsmechanismen hat die BLS aufgenommen und die nötigen Optimierungsmassnahmen bereits eingeleitet. Sie fühlt sich mit der Finalisierung des PwC-Berichtes bekräftigt, diese Massnahmen nun fortzuführen. Die BLS betont nochmals, dass alle Erlöse aus dem Verkauf von Halbtax-Abos im Libero-Verbund immer korrekt in der Ist-Rechnung abgebildet wurden. Sie wird wie angekündigt die zu viel erhaltenen Abgeltungen an Bund und Kantone zurückerstatten. Die BLS nimmt weiterhin zustimmend zur Kenntnis, dass ihr PwC ein komplexes systemisches Umfeld mit Zielkonflikten innerhalb des Subventionswesens im öffentlichen Verkehr bestätigt. Zusätzliche Berichtsinhalte PwC vermutet zusätzlich, die BLS habe systematisch zu hohe Kosten und zu tiefe Erlöse eingeplant, um so ihre Pensionskasse zu sanieren. Diese Schlussfolgerung weist die BLS in aller Deutlichkeit zurück. Zwar wurden erwirtschaftete Überschüsse teilweise in die Pensionskasse eingebracht. Jedoch geschah dies in voller Transparenz gegenüber den Kantonen und dem Bund. Nächste Schritte Der Bericht enthält keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Sachverhalte. Die BLS bedauert daher das vom BAV eingeleitete Strafverfahren und die vorgenommenen Vorverurteilungen. Sie wird die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden jedoch unterstützen, für Auskünfte zur Verfügung stehen und notwendiges Material transparent bereitstellen. Der Regierungsrat und der Verwaltungsrat haben der Geschäftsleitung ihr Vertrauen ausgesprochen. Es ist ihnen wichtig, dass sich die BLS gegenwärtig auf die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen konzentrieren kann. – Summary PwC-Bericht |
Stellungnahme VöV: Der Verband öffentlicher Verkehr distanziert sich von strafrechtlich relevantem Verhalten |
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In den letzten Tagen ist eine Anzeige des Bundesamtes für Verkehr (BAV) gegen die öV-Transportunternehmen BLS und den VBL angekündigt worden. Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) bedauert die Vorkommnisse und distanziert sich von strafrechtlich relevantem Verhalten. Der VöV setzt sich für Rechtmässigkeit und Transparenz ein. Die strafrechtliche Beurteilung ist ausschliesslich Sache der Gerichte – der VöV lehnt deshalb die teilweise Vorverurteilung von Personen der betroffenen TU ab. Der VöV bekennt sich dazu, dass die subventionsrechtlichen Bestimmungen jederzeit eingehalten werden; der VöV duldet kein strafrechtliches Verhalten. Der VöV bekennt sich auch für Transparenz: Um umfassend transparent zu sein, wird betreffend finanzielle Angelegenheiten vollumfängliche Einsicht in die Bücher der TU gewährt. Der VöV arbeitet konstruktiv mit den Behörden zusammen. Da aber die Bestimmungen betreffend Rechnungslegung zum Teil unklar sind, setzt sich der VöV dafür ein, dass diesbezüglich Klarheit geschaffen wird. Die Branche und damit der VöV arbeiten diesbezüglich konstruktiv mit dem BAV zusammen. Der VöV nimmt jedoch zu konkreten Vorkommnissen einzelner Transportunternehmen nicht Stellung, da er die entsprechenden Sachverhalte nicht im Detail kennt (analoges Verhalten bei öV-Unfällen). Der VöV macht deshalb auch keine Vorverurteilungen einzelner Personen und/oder Transportunternehmen. Die strafrechtliche Beurteilung ist ausschliesslich Sache der Gerichte. Es gilt – nicht nur beim VöV – die Unschuldsvermutung. |
Stellungnahme SEV: Das BLS-Personal darf nicht unter der Subventionsaffäre leiden |
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Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat ein Strafverfahren gegen die Verantwortlichen bei der BLS eröffnet. Der SEV, die Gewerkschaft des Verkehrspersonals, nimmt Kenntnis davon. Er fordert auch weiterhin lückenlose Aufklärung und entsprechende Konsequenzen bei Verfehlungen. Insbesondere wird er sich vehement zur Wehr setzen, sollte die Affäre auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BLS ausgetragen werden. Der SEV hat sich bereits im September klar für eine schonungslose Aufdeckung der im Raum stehenden Vorwürfe eingesetzt, als der Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle zu den fehlerhaften Abläufen bei der BLS veröffentlicht wurde. Er hat nun Kenntnis vom eröffneten Strafverfahren gegen Verantwortliche des Unternehmens genommen und hofft, dass bald mehr Klarheit herrscht in dieser Affäre. Für den SEV ist zentral, dass sich die Mitarbeitenden nun uneingeschränkt auf die aktuellen Herausforderungen und ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Denn sie leisten tagtäglich hervorragende Arbeit, die es auch in schwierigen Zeiten aufrecht zu erhalten gilt. Er hält nichtsdestotrotz weiter daran fest, dass das Personal der BLS für die entstandenen finanziellen Schäden nicht aufkommen wird. Der SEV bleibt auch dabei, dass die Lohnfortzahlung in sechsstelliger Höhe des abgetretenen CEO Bernard Guillelmon stossend ist. «Wir werden die Aufklärung dieser Geschichte mitverfolgen und uns dafür einsetzen, dass sie nicht auf dem Rücken der Mitarbeitenden ausgetragen wird», betont der zuständige SEV-Gewerkschaftssekretär Michael Buletti. |
Stellungnahme Transfair: BLS in der Subventionsfalle |
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Gemäss Medienberichterstattung muss die BLS ihre Prozesse im subventionsberechtigten Regionalen Personenverkehr (RPV) korrigieren. Der von der BLS angestossene Untersuchungsbericht der PWC kommt zum Schluss, dass Einnahmen aus Halbtaxabonnementen über Jahre nicht vollumfänglich budgetiert wurden. Das hat dazu geführt, dass die BLS bei den Bestellern Bund und Kantone zu hohe Subventionen abgerechnet hat. Transfair fordert die Politik zum Handeln auf. Gewinnverbot im RPV zu eng ausgelegt? Die Abgeltungen der öffentlichen Hand decken im RPV nur genau die ungedeckten Kosten, die nicht durch Einnahmen aus dem Ticket- oder Abonnementsverkauf gedeckt werden können. Allfällige Überschüsse daraus müssen strikt für die Reserven verwendet werden. Doch die BLS hat offenbar auch finanzielle Mittel transparent für weitere Geschäfts- und Personalmassnahmen verwendet. Transfair teilt die Erkenntnis von PWC, dass es in der Sparte RPV Zielkonflikte innerhalb des Subventionswesens geben kann. Wie Verkehrsunternehmen im reinen RPV die notwendigen Mittel für Geschäfts- und Personalentwicklungen genau erhalten; diese Frage gilt es politisch zu klären und zu präzisieren. Transfair fordert die Politik dazu auf, endlich zu handeln und klare Regeln zu schaffen. Personal verdient Vertrauen Die Mitarbeitenden der BLS erbringen täglich, auch unter erschwerten Bedingungen, sehr gute Arbeit. Transfair erwartet von den Behörden lückenlose prozessuale Erkenntnisse und strafrechtliche Klarheit. Für Fritz Bütikofer, Verantwortlicher Sozialpartnerschaft mit der BLS ist zentral: «Die finanziellen Rückforderungen der Besteller dürfen bei der BLS nicht auf dem Buckel des Personals in Form von allfälligen neuen Sparprogrammen abgearbeitet werden.» |
Links
- VBL: Verwaltungsrat distanziert sich von einseitigem Bericht und begrüsst Strafuntersuchung – Rücktritte per sofort
- SRF: Interne Dokumente zeigen: So dreist gingen BLS-Manager vor
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