Der öffentliche Verkehr darf nicht unter die Räder der EU kommen

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Flixtrain Zug_Flix SE
Ein Flixtrain-Zug unterwegs in Deutschland. / Quelle: Flix SE

Der Bundesrat darf bei den Verhandlungen mit der EU keine Geschenke beim öffentlichen Verkehr machen. Das fordert die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV. Weder der internationale Personenverkehr noch der Schienengüterverkehr dürfen dem Liberalisierungsdruck der EU-Kommission geopfert werden. Der SEV begrüsst die Fortsetzung des Dialogs mit den Sozialpartnern. Angesichts bestehender Differenzen zwischen Bundesrat und Gewerkschaften sind weitere Gespräche dringend notwendig.

«Wir wollen keine Verhältnisse wie in Deutschland»

, sagt SEV-Präsident Matthias Hartwich.

«Die Liberalisierung, die in Teilen Europas im Bahnsektor erzwungen worden ist, hat in aller Regel zu schlechteren Angeboten, schlechteren Arbeitsbedingungen, Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit geführt. Warum sollten wir das gut funktionierende Schweizer System opfern, um der EU-Kommission einen Gefallen zu tun? Vielleicht sehen hier Schweizer Liberalisierungsturbos die Chance, ihre eigene Agenda unter dem Schutz der EU durchzudrücken?»

Das Kooperationsmodell der Schweiz hat sich bewährt. Das bedeutet, die Transportunternehmen stehen nicht primär in Konkurrenz zueinander. Sie betreiben nicht einzelne lukrative Linien mit dem Ziel eines maximalen Profits, sondern sie unterhalten gemeinsam ein Gesamtnetz, das für alle funktioniert.

«Eine Marktöffnung im internationalen Personenverkehr käme einem Paradigmenwechsel gleich, der das Gesamtverkehrssystem der Schweiz gefährden würde, weil sowohl die Systemintegration als auch die Finanzierung nicht mehr garantiert wären»

, warnt Matthias Hartwich.

Die Liberalisierungspolitik der EU-Kommission gefährdet auch den Schienengüterverkehr. So laufen EU-Verfahren gegen die SNCF in Frankreich und gegen die DB in Deutschland wegen angeblich marktverzerrender Beihilfen für die Bahnen im Güterverkehr. Das Ergebnis ist, dass vermehrt Güterverkehr von der Schiene auf die Strasse wechselt. Die Schweizerinnen und Schweizer haben in mehreren Volksabstimmungen deutlich gemacht, dass sie längerfristig eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene wünschen. Das ist ohne Beihilfen nicht möglich. Darum darf die Schweiz das Beihilfenverbot der EU nicht übernehmen.

Der SEV ist nicht gegen eine Öffnung der Schweiz gegenüber der EU. Im Gegenteil: Bahnen verbinden Länder. Aber die Öffnung darf nicht auf Kosten des Service public geschehen. Da-für erhält der SEV auch die Unterstützung seiner europäischen Schwestergewerkschaften, welche die Folgen des europäischen Liberalisierungs- und Wettbewerbswahns hautnah erleben und im Moment mit diversen Kampagnen dagegen kämpfen.

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