Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) schreibt vor, dass Einrichtungen und Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs ab 1. Januar 2024 für Menschen mit Behinderungen selbstständig nutzbar sein müssen. Die Fahrzeuge der Verkehrsunternehmen im ZVV sind bereits heute praktisch vollständig niederflurig. Bei nicht umgebauten Haltestellen, die keine selbstständige Nutzung zulassen, kommen bereits heute Hilfestellungen durch das Personal zum Einsatz. Wo dies nicht möglich ist, organisiert der ZVV in Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen ab dem 1. Januar 2024 Ersatzmassnahmen in Form von Shuttle-Fahrdiensten. So werden nicht stufenfreie Abschnitte der öV-Reise überbrückt.
Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) und seine Verkehrsunternehmen setzen sich seit langem für einen hindernisfreien öffentlichen Verkehr ein. Seit den 1990er-Jahren haben die Verkehrsunternehmen im Gebiet des ZVV kontinuierlich Fahrzeuge mit Stufeneinstieg durch solche mit einem ebenerdigen Zugang ersetzt. Inzwischen ist fast die gesamte Flotte niederflurig. Ausserdem wurden Fahrzeuge und wichtige Haltestellen mit Fahrgastinformationssystemen ausgerüstet, die auch den Bedürfnissen von Fahrgästen mit Seh- und Hörbehinderungen entsprechen. Der ZVV legt grossen Wert darauf, die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen auch in Zukunft fortzuführen und das Angebot laufend weiter zu verbessern.
Für einen selbstständig benutzbaren öffentlichen Verkehr braucht es aber auch bauliche Anpassungen an Bahnhöfen und Haltestellen. Für den Ausbau der Bushaltestellen sind die jeweiligen Strasseneigentümer zuständig: die Gemeinden und der Kanton. Auch hier hat sich einiges getan. Beim Umbau wurden stark frequentierte Haltestellen priorisiert, so dass am 1. Januar 2024 ungefähr 90 % der Reisenden an Haltestellen unterwegs sein werden, die von Menschen mit Behinderungen spontan genutzt werden können – in einigen Fällen mit Hilfe des Fahrpersonals. Dennoch besteht bei den Bushaltestellen noch Handlungsbedarf. Zwar sind zwei Drittel der insgesamt 2200 Bushaltestellen im Gebiet des Kantons Zürich für Menschen mit Behinderung selbstständig nutzbar. Es bleibt aber noch einiges zu tun.
Vierjährige Pilotphase
Bei Haltestellen, die von Fahrgästen mit Gehbehinderungen nicht selbstständig genutzt werden können, unterstützt das Fahrpersonal in erster Linie mit einer Rampe. Wo dies für Fahrgäste im Rollstuhl nicht möglich ist, organisiert der ZVV in Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen einen Shuttle-Fahrdienst. Der Regierungsrat hat den ZVV entsprechend mit einem vierjährigen Pilotprojekt beauftragt. Der Shuttle-Fahrdienst wird über einen Kredit des Regierungsrates bis spätestens Ende 2027 finanziert. Bis dann werden die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für eine verursachergerechte Finanzierung erarbeitet.
Die wichtigsten Informationen zum Shuttle-Fahrdienst:
- Der Shuttle-Fahrdienst ist für Menschen im Rollstuhl gedacht. Er ersetzt einen nicht stufenfreien Teil der öV-Reise. Die Strecke entspricht möglichst den öV-Linienverläufen.
- Im Online-Fahrplan ist Ende Jahr ersichtlich, für welche Haltestellen ab 2024 Shuttle-Fahrdienste zum Einsatz kommen.
- Ein Shuttle muss bis zwei Stunden vor Abfahrt telefonisch beim Contact Center Handicap der SBB angefordert werden. Das Contact Center Handicap organisiert und plant schweizweit alle Hilfestellungen, damit Fahrgäste mit Behinderungen einen möglichst einfachen Zugang zum öV erhalten. Das Kundenzentrum bietet nach erfolgter Anmeldung auch den Shuttle auf.
- Für den Shuttle-Fahrdienst wird mit bestehenden regionalen Anbietern zusammengearbeitet. Das Taxigeschäft oder das Angebot von Stiftungen wird nicht konkurrenziert.
- Im Kanton Zürich sollen Fahrgäste im Rollstuhl möglichst wenige zusätzliche Fahrzeugwechsel haben. Deshalb befördert der Shuttle den Fahrgast je nach Reise bis zum nächsten Umsteigepunkt statt nur zur nächsten stufenfreien Haltestelle.
- Für Reisen mit dem Shuttle-Fahrdienst braucht es ein reguläres öV-Ticket.
Mit den Shuttle-Fahrdiensten betreten der ZVV und die gesamte Branche des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz Neuland. Nebst neuen Prozessen und Abläufen mit zahlreichen externen Anbietern mussten angesichts fehlender Erfahrungswerte auch Annahmen und Prognosen getroffen werden. Ab Januar geht es deshalb auch darum, Erfahrungen mit dem neuen Angebot zu sammeln und dadurch den neuen Dienst laufend weiterzuentwickeln und zu verbessern.
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