Die Transportleistungen im Güterverkehr haben 2022 gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig zugenommen (+0,2%), während das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) ein Plus von 2,6% verzeichnete. Somit setzte sich ein Trend fort, der seit Längerem beobachtet werden kann: Schon seit 2012 wächst der Güterverkehr in der Schweiz deutlich weniger stark als die Wirtschaft. Dies geht aus der Gütertransportstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor.
2022 betrugen die Transportleistungen auf dem schweizerischen Strassen- und Schienennetz 27,9 Milliarden Tonnenkilometer, wobei ein Tonnenkilometer der Beförderung einer Tonne über einen Kilometer entspricht. Gegenüber dem Vorjahr nahm das Total der Transportleistungen damit um 0,2% zu. Zurückzuführen ist dies allein auf eine Zunahme des Güterverkehrs auf der Schiene (+0,8%), während jener auf der Strasse praktisch unverändert blieb (-0,1%). Der Anteil der Schiene an den Transportleistungen lag 2022 bei 38%, jener der Strasse bei 62%.
Unterschiedliche Entwicklung von Güterverkehr und Wirtschaftswachstum
Der Güterverkehr ist üblicherweise stark von der ökonomischen Entwicklung abhängig: Wächst die Wirtschaft, werden mehr Waren nachgefragt und müssen entsprechend von den Produktionsstätten zu den Konsumentinnen und Konsumenten transportiert werden. Da aber der Güterverkehr für Mensch und Umwelt auch negative Auswirkungen wie Lärm und Abgasemissionen mit sich bringt, gibt es in einigen Ländern Bestrebungen, die Entwicklung der Transportleistungen von jener der Wirtschaft zu entkoppeln. 2022 wuchs der Güterverkehr mit den genannten 0,2% in der Tat viel weniger stark als die Wirtschaft, wurde doch für das gleiche Jahr eine Zunahme des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) von 2,6% gemessen. «Reales» BIP bedeutet, dass der Einfluss der Inflation herausgerechnet wurde.
Transportleistungen im Strassengüterverkehr nehmen seit 2012 weniger stark zu als das BIP
Die Zeitreihenanalyse zeigt, dass eine im Vergleich zum Wirtschaftswachstum schwache Zunahme des Güterverkehrs in den letzten Jahren fast zum Normalfall geworden ist: Während sich das reale BIP zwischen 2000 und 2022 um 49% vergrösserte, haben die Transportleistungen im schweren Strassengüterverkehr (Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) nur um 29% zugenommen. Zum Teil ist diese divergente Entwicklung jedoch auf den Transitverkehr zurückzuführen und somit auf ein Verkehrssegment, das nicht direkt mit der Schweizer Wirtschaft zusammenhängt. Seit 2012 ist der Transitverkehr stark zurückgegangen (-43% bis 2022), ausgelöst zunächst durch eine rückläufige Wirtschaftsentwicklung im europäischen Ausland, insbesondere in Italien.
Anschliessend dürften unter anderem die vergleichsweise hohen Transportkosten in der Schweiz (wegen der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA und hoher Dieselpreise) eine Erholung des Transitverkehrs auf der Strasse verhindert haben, während die Bahn Marktanteile dazugewinnen konnte. Der Import-/Exportverkehr sowie der Binnenverkehr stiegen zwar auch zwischen 2012 und 2022 weiter an (insgesamt +10%), allerdings weniger stark als das BIP (+21%). Dies hängt wohl auch mit der sich verändernden Wirtschaftsstruktur zusammen: Die Industrieproduktion, die viel Güterverkehr erfordert, verliert in der Schweiz tendenziell an Gewicht gegenüber dem Dienstleistungssektor, der weniger Gütertransporte auslöst.
Zunahme des internationalen Strassengüterverkehrs bis 2011
Zwischen 2000 und 2011 hatte der internationale Strassengüterverkehr (Import, Export und Transit) stark zugenommen, nämlich um 71%. Dies hat unter anderem mit der Erhöhung der Gewichtslimiten zu tun: Im Rahmen des Landverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU wurde ab 2001 das zulässige Höchstgewicht für Güterfahrzeuge auf Schweizer Strassen in zwei Schritten von 28 auf 40 Tonnen erhöht, weshalb internationale Strassentransporte über die Schweiz rentabler wurden. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 ist der internationale Strassengüterverkehr um 9% zurückgegangen.
Hoher Schienenanteil im alpenquerenden Güterverkehr
Der gesamte Schienengüterverkehr ist in der Schweiz zwischen 2000 und 2022 nur um 5% gewachsen, also deutlich weniger stark als das BIP und der Strassengüterverkehr. Gleichwohl nimmt die Bahn in der schweizerischen Verkehrspolitik eine wichtige Rolle ein, insbesondere bei der Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Während der Schienenanteil 2022 im gesamten Güterverkehr der Schweiz – wie eingangs erwähnt – rund 38% betrug, erreichte er bei den alpenquerenden Transporten einen Wert von 74%.
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