Die SBB setzen Gesamtarbeitsverträge aufs Spiel

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 13. September 2024 veröffentlicht.

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Die SBB Re 460 006 nach dem im Jahr 2019 durchlaufenen Refit. / Quelle: Aline Contesse

Die Verhandlungsgemeinschaft der Gewerkschaften und Personalverbände, bestehend aus SEV, VSLF, transfair und KVöV, beabsichtigt die aktuell gültigen Gesamtarbeitsverträge (GAV) mit SBB und SBB-Cargo zu verlängern. Die SBB ihrerseits knüpft spezifische Bedingungen an eine Verlängerung. Dadurch gefährdet sie die Stabilität im Betrieb und bei den Arbeitsbedingungen für ihr Personal.

Die SBB stellt sich nicht grundsätzlich gegen eine Verlängerung der beiden GAV. Sie fordert aber als Bedingung eine Loslösung der bereichsspezifischen Arbeitszeitregelungen (BAR). Die BAR sind ein bewährtes Modell um spezifische Bedürfnisse einzelner Berufsgruppen zu regeln. Sie können jederzeit sozialpartnerschaftlich verhandelt und weiterentwickelt werden. Durch die Loslösung hätten alle BAR ihre eigene Laufdauer und Kündigungsfrist, unabhängig der GAV. Dadurch wären sie jederzeit einseitig kündbar. Das entspricht aus Sicht der Verhandlungsgemeinschaft nicht dem gelebten sozialpartnerschaftlichen Modell, das bis anhin die Bedürfnisse aller Parteien respektierte.

Die BAR werden seit Jahren als sozialpartnerschaftliches Erfolgsmodell gemeinsam gepflegt und weiterentwickelt. Die Verhandlungsgemeinschaft hält an diesem Erfolgsmodell fest und ist bereit, Hand für deren Weiterentwicklung zu bieten. Dies wurde so der SBB während den Gesprächen auch mehrfach mitgeteilt.

Die Verhandlungsgemeinschaft will die GAV verlängern und die bewährte Praxis fortführen, damit sich das Personal auf den Betrieb der Bahn fokussieren kann.

Die SBB stellt in Aussicht, die BAR oder sogar die GAV zu kündigen, sollte die Verhandlungsgemeinschaft nicht auf ihre Bedingung eingehen. Da es aus rechtlicher Sicht nicht möglich ist, ausschliesslich die an die GAV gekoppelten BAR zu kündigen, bieten sich der SBB nur zwei Möglichkeiten an, Ihre Forderung durchzusetzen: Eine Einigung mit der Verhandlungsgemeinschaft oder die Kündigung der GAV.

«Eine Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt lehnen wir entschieden ab. Auch die Loslösung der BAR von den beiden GAV kommt für uns nicht in Frage. Das Vorgehen der SBB irritiert und verunsichert die Angestellten in den exponiertesten Berufsfeldern»

, meint SEV-Vizepräsident und Leiter der Verhandlungsgemeinschaft Patrick Kummer.
Stellungnahme der SBB zu den Verhandlungen zur Verlängerung des GAV:
Der bestehende Gesamtarbeitsvertrag (GAV) von SBB und SBB Cargo läuft per Ende April 2025 aus. Die SBB ist grundsätzlich bereit, den GAV zu verlängern. Die Verhandlungen mit den Sozialpartnern SEV, transfair, VSLF und KVöV sind aktuell unterbrochen. Die SBB bleibt gesprächsbereit.

Die SBB hat den GAV unter Berücksichtigung der aktuellen SBB Strategie, den unternehmerischen Herausforderungen und der Arbeitsmarktsituation analysiert: Mit dem bestehenden GAV SBB und GAV SBB Cargo bietet die SBB konkurrenz- und marktfähige Anstellungsbedingungen.

Flexibilisierung bei bereichsspezifischen Arbeitszeitregelungen nötig

Während der GAV ein Vertragswerk für das gesamte Unternehmen ist, bestehen für einzelne Berufsgruppen und Geschäftsbereiche bereichsspezifische Arbeitszeitregelungen (BAR). Laufzeit und Kündbarkeit der BAR richten sich aktuell nach dem GAV. Aufgrund des grossen wirtschaftlichen Drucks und der herausfordernden Arbeitsmarktsituation ist das Unternehmen darauf angewiesen, dass die bereichsspezifischen Arbeitszeitregelungen (BAR) flexibler ausgestaltet werden können und somit auch die Produktivität erhöht werden kann. Die SBB will die bestehenden BAR in den nächsten Jahren schrittweise den sich wandelnden Bedürfnissen der Mitarbeitenden anpassen. Dafür braucht es individuelle, vom GAV unabhängige Laufzeiten je BAR.

Verhandlungen unterbrochen: SBB bleibt gesprächsbereit

Die Verhandlungsdelegation, bestehend aus SEV, transfair, VSLF und KVöV, und die SBB haben bezüglich der Entkoppelung der BAR vom GAV unterschiedliche Auffassungen, weshalb die im Juli gestarteten Verhandlungen unterbrochen wurden. Der Gesamtarbeitsvertrag und eine gut funktionierende Sozialpartnerschaft bleiben der SBB wichtig. Weitere Informationen folgen im Oktober 2024.

Diverse Medien haben angesichts der anstehenden Verlängerung des GAV die Frage gestellt, ob bei der SBB ein Streik droht. Die SBB ist erstaunt und befremdet, dass in den aktuellen Verhandlungen um die Verlängerung des Gesamtarbeitsvertrag (GAV) von Streik geredet wird. Umso mehr, als die SBB signalisiert hat, dass sie den laufenden GAV verlängern will. Auch wenn wir unterschiedliche Auffassungen haben, werden wir die Gespräche mit den Sozialpartnern weiterführen und sind zuversichtlich, eine gute Lösung zu finden. Der GAV und eine gut funktionierende Sozialpartnerschaft sind der SBB wichtig. Der GAV gilt und beinhaltet eine absolute Friedenspflicht.

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Meinung

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1 Kommentar

  1. Ja dann ist es auch in der Schweiz bald vorbei mit Pünktlichkeit. Streiks werden auch hier unumgänglich. Das SBB Unternehmen sollte nicht von Rendite sprechen sondern in erster Linie ihren Auftrag für die Öffentlichkeit erfüllen. Dazu gehören Leute in die Unternehmensführung die mehr von öffentlich Aufgaben verstehen. Gesundheitswesen und öffentlicher Verkehr und Post gehören von der Politik an ihre Aufgaben erinnert. In den Ämter BAV BAG gehören Leute an die Spitze die den Service Publik hochhalten.

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