Wenn Innovation überzeugt: Servicejets von Stadler für ÖBB

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ÖBB Servicejet von Stadler an der InnoTrans 2024. / Quelle: Stadler

Stadler baut die zukünftige Rettungszugflotte der ÖBB und zeigt einen der 18 neuen Servicejets auf der InnoTrans 2024.

Es ist ein Fahrzeug der Extraklasse, das Stadler am 25. September 2024 auf der InnoTrans in Berlin erstmals vor einem internationalen Publikum präsentierte: Hochinnovativ das trimodale Antriebskonzept, massgeschneidert auf den Bahnbetrieb die Sicherheitstechnik, multifunktional die Rettungs- und Löscheinrichtungen. Sein Name: ÖBB Servicejet. Zusammen mit 17 weiteren, baugleichen Fahrzeugen bildet es die künftige Rettungszugflotte des österreichischen Bahnbetreibers, der sie auch für Instandhaltungsfahrten oder bei Havarien zum Räumen der Infrastruktur nutzen wird. Zuerst auf der Koralmbahn mit dem 33 km langen Koralmtunnel als Herzstück. Dann Schritt für Schritt im gesamten Netz der Österreichischen Bundesbahnen, wobei die 68 m langen Fahrzeuge hauptsächlich an Tunnelportalen stationiert werden, um sie gemeinsam mit den Tunnelfeuerwehren zum Einsatz zu bringen.

«Die Bahninfrastruktur von morgen stellt uns auch im Notfallmanagement vor völlig neue Aufgaben. Der neue high-tech-hybrid Servicejet ermöglicht uns nicht nur einen echten Generationenwechsel für die Sicherheit im Bahnbetrieb, sondern revolutioniert auch die Rettungs- und Löscharbeiten am Netz der ÖBB. Die 18 Fahrzeuge werden strategische im gesamten ÖBB-Netz platziert, damit im Falle eines Einsatzes schnell und effizient dort Hilfe ankommt, wo sie benötigt wird»

, sagt Andreas Matthä, Vorstandsvorsitzender der ÖBB-Holding AG.

«Der ÖBB Servicejet ist eine komplette Neuentwicklung und präzise auf die Anforderungen der ÖBB Infrastruktur AG zugeschnitten. Wir danken für das Vertrauen, dass wir diese massgeschneiderte Lösung für Österreichischen Bundesbahnen fertigen dürfen»

, sagt Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident von Stadler.

Das dreiteilige, festverkuppelte Sonderfahrzeug besteht aus zwei Triebwagen und einem über Faltenbälge verbundenen Mittelwagen. Die Wagen sind mit luftgefederten, zweiachsigen Drehgestellen ausgestattet. Zugelassen wird der Servicejet für das österreichische und deutsche Normalspurnetz nach den Bestimmungen der TSI Loc&PAS.

Innovativer Elektro-Hybridantrieb

Der Servicejet fährt immer. Selbst wenn die externe Stromzufuhr gekappt ist. Möglich macht dies sein innovatives, trimodales Antriebskonzept, das einen raschen, effizienten und völlig autarken Betrieb gewährleistet:

Ist die Oberleitung intakt, geht es mit bis zu 3 000 kW über die Schienen. Damit erreicht der Servicejet Höchstgeschwindigkeiten von 160 km/h und kann im Schienennetz der ÖBB im Regelverkehr, sprich passend zum Fahrplan, betrieben werden. Nicht nur auf Einsatz- oder Instandhaltungsfahrten, sondern auch, wenn er selbst zum Service in die Werkstatt fahren muss.

Ist die externe Stromzufuhr beschädigt, zum Beispiel durch umgestürzte Bäume oder ein verunfalltes Fahrzeug, fährt der Servicejet mit seinem Elektro-Hybridantrieb. Traktionsbatterien und Dieselmotoren liefern dann elektrische Leistung an die Umrichter, die wiederum die Fahrmotoren mit bis zu 1 200 kW versorgen. Im Hybridmodus können Geschwindigkeiten von 120 km/h erreicht werden.

Die verbauten Traktionsbatterien ermöglichen auch einen reinen batterieelektrischen Betrieb. Die Leistung der zwei Akkumulatoren reicht aus, um eigenständig aus einem verrauchten Tunnel ausfahren zu können. Aufgeladen werden die Akkus über die Oberleitung bzw. über die Dieselgeneratoren. Beim Bremsen wird die kinetische Energie ins System zurück rekuperiert.

Hochfunktionale Zugkomposition

In erster Linie ist der Servicejet ein Rettungszug. Alle drei, durchgängig von vorne bis hinten begehbaren Wagen können Evakuierte aufnehmen. Insgesamt gibt es Platz für mehr als 300 Personen, überwiegend auf Klappsitzen. Für den Fall, dass sie aus einem brennenden Tunnel ins Freie gebracht werden müssen, sind sie im Zug wirksam vor Rauchgasen geschützt.

Der Servicejet kann als «fahrender Werkzeugkasten» oder Shuttle-Fahrzeug bei den unterschiedlichsten Instandhaltungsarbeiten zum Einsatz kommen und hat genug Leistung, um havarierte Züge mit Strom versorgen oder abschleppen zu können.

Er kann auch zur Vorbeugung und Bekämpfung von Bränden eingesetzt werden. Dazu sind an jedem Zugende dreh- und schwenkbare Wasserwerfer und Schaumkanonen verbaut, über die während der Fahrt oder im Stand Löschwasser ausgebracht werden kann. Damit können Bankette und Böschungen auch präventiv vor dem Entzünden geschützt oder Tunnelröhren nach einem Brand gereinigt werden. Zudem verfügt der Triebzug an den Zugenden über Wasserabgänge, woran die Einsatzkräfte Schlauchleitungen für die «manuelle» Brandbekämpfung koppeln können.

Die löschtechnischen Aggregate wie Pumpen und Schaumzumischsysteme sind unterflur im Mittelwagen verbaut. Im Aufbau darüber befindet sich der Löschmitteltank mit einem Fassungsvermögen von 40 m3 (40 000 l) Wasser und es gibt Sitzplätze entlang des rauchgeschützten Durchganges. Die Bedienung von Löschtechnik und Werfer erfolgt aus der Zugführerkabine, in der es einen zweiten Steuerstand für die Feuerwehr gibt. Über Kameras und starke Scheinwerfer kann von hier aus das Geschehen ausserhalb des Zuges verfolgt werden, Wärmebildkameras zeigen selbst in einem dicht verqualmten Tunnel und bei null Sicht, wo sich Brandherde oder Menschen befinden.

Die Strahlventilatoren auf den Dächern der Triebwagen, je zwei vorne und hinten, kommen in erster Linie bei einem Tunnelbrand, dem Worst Case aller denkbaren Szenarien, zum Einsatz. Zum einen transportieren sie den, von den Hochdruckwerfern erzeugten Wassernebel weiter und erhöhen dadurch den Kühleffekt in der Röhre. Zum anderen kann damit ein Gegendruck aufgebaut und erhalten werden, um Menschen ungefährdet aus einem verrauchten Tunnel evakuieren zu können.

Im Grunde kann jedes erdenkliche Einsatzszenario mit einem Servicejet abgearbeitet werden. Je nach Anforderung wird er mit spezieller Ausrüstung beladen, die einsatzthematisch, beispielsweise zur Waldbrandbekämpfung, und platzsparend auf Rollcontainer verlastet ist. Über eine Hubplattform werden die Container an Bord gehoben und an der Einsatzstelle wieder ausgeladen, sieben können insgesamt mitgeführt werden. Darüber hinaus finden im Servicejet bis zu 18 Einsatzkräfte der Feuerwehr mit Atemschutzausrüstung Platz.

Der Servicejet Rettungstriebzug wurde am 25. September 2024 auf Gleis T08/50 präsentiert.


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