Verkehrsverluste zwingen SBB Cargo Schweiz zum Handeln

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 13. Februar 2025 veröffentlicht.

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Cargo-Werkstaette Chiasso_SBB CFF FFS Cargo_2019
Blick in die SBB Cargo Lokomotivwerkstatt in Chiasso im Jahr 2019. / Quelle: SBB CFF FFS Cargo

Der SEV berichtet über einen bevorstehenden Stellenabbau bei SBB Cargo Schweiz. Fakt ist: Das Ergebnis hat sich im letzten Jahr weiter verschlechtert und die transportierten Mengen waren rückläufig. SBB Cargo Schweiz passt sich dem Markt an. Bis Ende 2025 baut SBB Cargo Schweiz rund 80 Vollzeitstellen ab. Der Abbau erfolgt möglichst über Wechsel innerhalb der SBB oder über natürliche Fluktuation. Die SBB beschäftigt rund 35 500 Mitarbeitende, das sind knapp 600 mehr als im Vorjahr.

Der Güterverkehr von SBB Cargo Schweiz schreibt für das vergangene 2024 einen deutlich höheren Verlust als erwartet. Die Hauptgründe sind konjunktureller Natur und hängen mit der weiter verschärften Wirtschaftslage zusammen: Weniger Kunden fahren weniger Verkehre mit SBB Cargo Schweiz.

Darauf reagiert das Unternehmen, indem es die eigenen Kosten senkt, den Ertrag steigert und die Auslastung erhöht sowie gezielt investiert. Konkret wird SBB Cargo Schweiz den bestehenden Überbestand und damit bis Ende 2025 rund 80 Vollzeitstellen abbauen. Dies betrifft Stellen in der Verwaltung und beim operativen Personal. SBB Cargo Schweiz beschäftigt rund 2250 Vollzeitstellen.

Die SBB ist in einem engen Austausch mit den Sozialpartnern. Der Stellenabbau soll so sozialverträglich wie möglich über Wechsel innerhalb der SBB, über natürliche Fluktuation wie Pensionierungen erfolgen – Kündigungen sind die Ausnahme. Dabei hilft die Demografie und der Fachkräftemangel in vielen Berufen.

Die SBB beschäftigt rund 35 500 Mitarbeitende, das sind knapp 600 mehr als im Vorjahr. Damit wurden der Unterbestand aufgeholt, externe Stellen internalisiert sowie dem steigenden Bauvolumen Rechnung getragen. Beim Aufbau in den vergangenen Jahren handelt es sich zum grössten Teil um Stellen im operativen Bereich, beispielsweise Lok- und Zugpersonal, Ingenieure, Technikerinnen, Handwerker oder IT. Wo Stellen nicht mehr nötig werden, baut sie die SBB ab. So aufgrund der geringen Nachfrage und des schlechten Ergebnisses zurzeit bei SBB Cargo Schweiz.

Den Güterverkehr fit für die Zukunft machen – gemeinsam mit Kunden und Politik

Die SBB setzt auf einen starken, zukunftsfähigen Schienengüterverkehr. Dafür richten wir diesen grundlegend neu aus. Das Konzept «Suisse Cargo Logistics» dient als Rahmen für diese Neuausrichtung, bei der die Bahn für lange Strecken und den Transport schwerer Güter genutzt werden soll und wo dies von den Kunden nachgefragt wird. Durch Investitionen in eine moderne Flotte, Automatisierung und ein neues Produktionsmodell wird die SBB die Kosten um 60 Mio. CHF senken und setzt mit einem verlässlichen Angebot zu kostendeckenden Preisen auf starke Partnerschaften mit Kunden. Aktuell erarbeitet SBB Cargo im Gespräch mit ihren Grosskunden ein neues kundenorientiertes und kostenoptimiertes Produktionsmodell, um möglichst viele Transporte in einem effizienten Netz abzuwickeln. In Kombination mit der Strasse fährt SBB Cargo dort, wo die Bahn stark ist (auf langen Strecken, für schwere Güter) und wo dies von den Kunden auch nachgefragt wird. Der Rahmen dafür bildet das 2022 vorgestellte Konzept Suisse Cargo Logistics. Die Auswirkungen des neuen Produktionsmodells auf den Personalkörper sind noch nicht bekannt.

Für die Sanierung des Einzelwagenladungsverkehrs zählt die SBB auf eine befristete finanzielle Unterstützung des Bundes. Diese basiert auf der Totalrevision des Gütertransportgesetzes. Nach der Transformation ist der Güterverkehr der SBB eigenwirtschaftlich unterwegs, kann Reinvestitionen tätigen und die Ziele des Bundes erfüllen – ohne Unterstützung der öffentlichen Hand oder des Mutterhauses SBB.

Stellungnahme VSLF: SBB Cargo in Schieflage
Nach der Publikation der SBB Medienmitteilung [siehe oben], sieht der VSLF die vereinbarte Stillschweigepflicht als aufgehoben. Diese galt während des einberufenen Leitfadenverfahrens (Konsultationsgremium für die Sozialpartner bei laufenden Reorganisationen), welches mit unbefriedigendem Ergebnis abgeschlossen wurde. Darin hat die Verhandlungsgemeinschaft bestehend aus SEV, VSLF, transfair und KVöV die Konsequenzen der geplanten Massnahmen durch SBB Cargo aufgezeigt, eine Sistierung des Reorganisationsprogramms „G-enesis“ verlangt und alternative Lösungsansätze präsentiert.

Konkret hat die VG eine Überprüfung der dargelegten Zahlen verlangt, da ein Abbau beim operativen Personal im Zusammenhang mit dem Auftragsvolumen offensichtliche Widersprüche enthält. Eine Senkung des Bestandes beim Lok- oder Rangierpersonal hätte in naher Zukunft Verspätungen und Zugausfälle zur Folge. Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel und der Verkehrsverlagerungsziele müsste man davon ausgehen, dass Bahnen sich Entlassungen in diesem Bereich nicht leisten können. Der VSLF erwartet, dass das angestellte Personal mit Respekt und Anstand behandelt wird und eine andauernde oder weiterführende Anstellung mit höchster Priorität behandelt wird. SBB Cargo hat in diesem Zusammenhang zugesagt, Pläne des Personalabbaus in der Fläche erneut zu überprüfen.

SBB-Angestellte unter GAV sind grundsätzlich vor Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen geschützt. Der VSLF erwartet, dass eventuelle Pläne im Stellenabbau, wenn überhaupt begründbar, im vereinbarten sozialpartnerschaftlichen Rahmen mit Konsens aller Parteien durchgeführt wird. Dazu sind kreative Lösungen in Zusammenarbeit mit Töchterfirmen und weiteren Bahnunternehmen zu erarbeiten. Der VSLF sichert dabei seine volle Unterstützung zu.

Seit über fünfzehn Jahren reihen sich bei SBB Cargo verschiedene Reorganisationen aneinander. Der VSLF hat eine Auswertung der Massnahmen durch die letzte Reorganisation WLV-17 verlangt – die Resultate sind ernüchternd und geben keinen Anlass, mehr Potenzial in der aktuellen Umstrukturierung zu erkennen. Die angestrebten Automatisierungen und Digitalisierungen – wie beispielsweise ETCS oder die automatische digitale Kupplung – werden das Problem nicht lösen. Im Gegenteil dazu werden die Kosten im Vergleich zum Nutzen weiter steigen und die Ungleichheit zwischen in Schichtlagen arbeitendem und administrativem Personal verstärkt werden. Die angestrebte Eigenwirtschaftlichkeit wurde trotz wiederkehrender ähnlicher Restrukturierungsversuche noch nie erreicht. Dass das Streichen von Bedienpunkten und der Druck auf das Personal nicht zielführend sind, hat SBB Cargo bereits sehr oft dargelegt. Erreicht wurden lediglich der Volumenrückgang im Transport und ineffiziente Produktionsmethoden.

Auch das aktuelle Reorganisationsprojekt „G-enesis“ wird diese enttäuschenden Resultate vorweisen. Da SBB Cargo keine Zukunftsperspektiven und nachhaltige Entwicklungen erkennen lässt oder diese effektiv nicht kennt, sind neue Wege einzuschlagen, sofern das Unternehmen überleben soll.
Stellungnahme transfair: Der Personalverband bedauert den Stellenabbau bei SBB Cargo
Der Güterverkehr ist unter Druck. SBB Cargo baut deshalb bis Ende 2025 rund 80 Vollzeitstellen ab – und das, obwohl das Unternehmen ab 2026 befristete Subventionen erhält. Ein schwerer Schlag für die Mitarbeitenden, findet transfair. Der Personalverband erwartet eine maximale Unterstützung der betroffenen Angestellten!

Wie die SBB heute informiert hat, baut ihre Tochter SBB Cargo bis Ende 2025 rund 80 Vollzeitstellen ab. Der Grund: Das Volumen des Güterverkehrs auf der Schiene ist rückläufig.

«Im Hinblick auf die Mittel, die der Bund SBB Cargo ab 2026 spricht, ist das ein schwerer Schlag fürs Personal!», sagt Greta Gysin, Präsidentin von transfair und Nationalrätin.

Der Hintergrund: Mit befristeten Subventionen soll der Einzelwagenladungsverkehr vom tiefroten Verlustgeschäft zur schwarzen Null gelangen. Dennoch beginnt bei SBB Cargo ein schmerzhafter Personalabbau.

Weniger Mitarbeitende – weniger Flexibilität auf dem Markt!

Konkret fallen rund 82 von zirka 2100 Stellen in der Produktion und in Supportbereichen an diversen Standorten weg. «transfair bedauert, dass SBB Cargo die Transformation mit einer Schrumpfung beginnt und auch in den nächsten Jahren massiv redimensionieren und Personal abbauen will», sagt Gysin.

Im Konsultationsverfahren zum aktuellen Stellenabbau hat sich transfair besorgt geäussert: Mit dem sofortigen Abbau könnten folgenreiche Risiken eintreten.

«So ist es wahrscheinlich, dass mit einer schrumpfenden Belegschaft weniger flexibel auf Veränderungen im Markt reagiert werden kann», gibt Bruno Zeller, Branchenleiter öffentlicher Verkehr beim Personalverband transfair, zu bedenken.

Zudem geht einmal mehr bedeutendes Know-how verloren, das bei einer möglichen positiven Marktentwicklung nicht so schnell wieder bereitsteht. Ganz zu schweigen von der Rückverlagerung auf die Strasse.

Mitarbeitende maximal unterstützen

Für die vom Abbau betroffen Mitarbeitenden stellt transfair klare Forderungen: «Wir erwarten maximale Unterstützung bei der Suche nach anderen Stellen im SBB Konzern, bei der Aus- und Weiterbildung oder bei der Pensionierung», so Zeller. transfair wird die weitere Transformation eng begleiten.
Stellungnahme SEV: Sistierung von «G-enesis» – SBB Cargo muss Service public werden
Die Stellungnahme der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV finden Sie hier.

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6 Kommentare

  1. Einmal mehr bringen Sie ein Communiqué der SBB-Medienstelle unter dem Titel «Von Redaktion». Das stimmt einfach nicht. Es braucht null redaktionelle Leistung, um Communiqués zu kopieren. Ich erwarte, dass Sie diese bewusste Falschdeklaration, die im schroffen Gegensatz zum Journalistenkodex steht, rasch korrigieren. Ich habe Sie schon vor einem halben Jahr auf dieses Problem hingewiesen, aber seither haben SIe nichts unternommen. Sie müssen das ändern, wenn Sie nicht mit dem Vorwurf leben wollen, Ihre Leserschaft absichtlich zu täuschen.

    • Z B. zuviele, teils widersprüchliche Prozesse oder Führungskräfte mit hochtrabenden Abschlüssen und Titeln, aber null Fachkompetenz, null Ahnung von Bahn und Schienengüterverkehr?
      Das ist auch in anderen Bereichen der SBB eine verbreitetes Übel. Da hilft kein hohles „Service Public“ Gerede von Gewerkschaften mehr.

  2. Zu untenstehdem Kurzkommentar von P.M. nachstehender Text aus dem SBB Intranet. Offenbar hat die SBB ihrexwuchernde undxzerklüftete Prozesslandschaft nicht mehr im Griff und braucht ein Tool um die Übersicht wieder zu gewinnen.

    Stell dir ein Orchester vor: Die Trompeter spielen eine Melodie, die Geiger eine andere. Kein Dirigent, keine Abstimmung – das Ergebnis ist ein Durcheinander. Schwer vorstellbar? Ähnlich unkoordiniert laufen manche Abläufe bei der SBB. Daten und Prozesse sind auf zahlreiche Systeme verteilt, die kaum miteinander kommunizieren. Das Ergebnis: Aufwendige, ineffiziente und wenig abgestimmte Arbeitsweisen.

    Hier kommt «S/4 SBB» ins Spiel – das Transformationsprogramm, das den Taktstock übernimmt und für Harmonie sorgt. Es ist das zentrale Programm der SBB, das darauf abzielt, Prozesse zu harmonisieren, bereichsübergreifend zu vernetzen und effizienter zu gestalten. Ein wichtiger Bestandteil des Programms ist die Einführung der neuen SAP-Software «S/4», die das veraltete System «R/3» ersetzt. Während «S/4» die technologische Grundlage bildet, geht das Programm «S/4 SBB» darüber hinaus: Es stellt sicher, dass nicht nur die neue Software eingeführt wird, sondern auch die damit verbundenen Prozesse optimal angepasst und modernisiert werden.

    • Zu oben stehendem Text hat eine SBB Mtarbeiterin einen Kommentar geschrieben, aus dem ein gehöriges Mass an Resignation herauszulesen ist:
      IT-Systeme müssen nun mal alle paar Jahre ersetzt werden, da führt kein Weg daran vorbei. Da heute die Bananen generell beim Kunden reifen, wäre es naiv zu glauben, dass bei der Einführung eines Systems irgendetwas einfacher oder besser laufen würde. Sind dann die Kinderkrankheiten behoben, wird es gemäss meiner langjährigen Erfahrung einfach anders kompliziert als früher. Aber man wird sich daran gewöhnen – wie immer!

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